Skip to content

Großer Erfolg für Fatih Akin in Venedig

Das älteste Filmfestival der Welt wurde am Samstag, den 12. September mit der Preisvergabe des Goldenen Löwen beendet.



Bei der jährlichen Kunstausstellung für zeitgenössische Kunst (biennale di Venezia), die vom 2. bis 12. September in Venedig stattfand, richteten sich diesmal die 66. Internationalen Filmfestspiele (Mostra internazionale d'arte cinematografica di Venezia) in ihrem Focus auf europäisches Filmschaffen. Unter zahlreichen Weltpremieren war Fatih Akins neuer Film "Soul Kitchen" einer der Favoriten auf den großen Preis. Nachdem der Hamburger in den letzten Jahren in Berlin und Cannes Preise erzielte, spekulierten wir im BAF-Blog am 2. September, wie groß seine Chancen nun in Venedig sein würden.

Den Goldenen Löwen gewann Fatih Akin zwar nicht, den konnte der israelische Filmemacher Samuel Maoz für seinen eindringlichen Kriegsfilm "Libanon" mit nach Hause nehmen, dafür aber wurde der deutsch-türkische Filmemacher mit dem Spezialpreis der Jury für seine Komödie "Soul Kitchen" ausgezeichnet.

Insgesamt liefen 24 Filme im Wettbewerb. Fatih Akins „Soul Kitchen“, die Geschichte eines Restaurants im Hamburger Elbviertel Wilhelmsburg mit Moritz Bleibtreu und Birol Ünel in Hauptrollen, war schon für Cannes im Gespräch gewesen, dann aber nicht rechtzeitig fertig geworden. Die Deutschlandpremiere ist am 24. September zur Eröfnung des 17. Filmfest Hamburg vorgesehen. Bundesweit kommt der Film erst am 25. Dezember ins Kino.

Auf dem Lido war diesmal alles etwas provisorischer, dafür gab es aber Restaurants mit Fixpreismenüs, geöffnet bis tief in die Nacht der lauen Spätsommernächte. Biennale Präsident Paolo Baratta erklärte den Grund dafür. Das 66. Filmfestival von Venedig ist eine Baustelle, ein Notquartier, erst 2011 soll nach äußerst optimistischen Planungen der neue Festival- und Kongresspalast stehen, der den Campus neben Palazzo del Cinema und Casiní² vervollständigen soll. Über hundert Millionen Euro sind für den Bau veranschlagt, der seit Jahren im Gespräch war. Er soll mit mehreren Multifunktionssälen und neuester Technik das traditionsreiche Festival wieder konkurrenzfähiger machen. Seit 2004 ist Marco Müller Direktor der Filmfestspiele von Venedig, die gemeinsam mit dem Filmfestival Cannes und der Berlinale zu den drei bedeutendsten internationalen Filmfestspielen zählen. Er tritt damit in die Fußstapfen von ex Berlinale Chef Moritz de Hadeln, der das Amt in Venedig nur zwei Jahre lang inne hatte, dafür aber 21 Jahre lang in Berlin residierte.

Passend zum Provisorium eröffnete das Festival mit Giuseppe Tornatores Dorfkino-Hommage "Baarí¬a". Der Regisseur von Cinema Paradiso (großer Preis der Jury von Cannes 1989), erzählt die Geschichte von der Wiedergewinnung eines Dorfkinos in der sizilianischen Kleinstadt Bagheria, im Dialekt Baarí¬a. Seit über siebzig Jahren, genau genommen seit 1910, ist das Kino Treffpunkt für das ganze Dorf. Seit drei Generationen ruft ein Vorleser für die ungebildete Bevölkerung die Zwischentitel aus, die Dorflehrerin sitzt am Klavier, und der Hirte Cicco Torrenuova übt an den Zwischentiteln das Lesen. In Baarí¬a setzt der Regisseur der Kinokunst ein Denkmal, gespickt mit kräftigen Seitenhieben gegen die Verschandelung des Dorfes durch korrupte Stadtplanung, protegiert von zweifelhaften Investoren.

Der Eröffnungsfilm gewann allerdings keinen Preis, dafür war er zu seicht und zu unpolitisch. Ganz anders der Festivalgewinner, der den Libanon-Krieg vom Juni 1982 als Alptraum junger israelischer Soldaten schildert. In dem Streifen, der den Krieg aus einem Panzer heraus zeigt, stecken auch deutsche Produktionsanteile.

Der Silberne Löwe für die beste Regie ging an die im Iran geborene Fotografin Shirin Neshat für ihr Frauendrama "Women without Men", der in Teheran im Jahre 1953 spielt und von der Essential Film/Thermidor Filmproduktion in Deutschland produziert wurde. Der Film ist außerdem mit dem Premio Mimmo Rotella und dem Unicef-Preis ausgezeichnet worden.

Enttäuschung dagegen bei Werner Herzog, der ungewöhnlicherweise gleich mit zwei Festival Beiträgen am Wettbewerb teilnahm und dennoch dafür nicht belohnt wurde. Tatsächlich waren insgesamt die europäischen Filme, der Fokus des Festivals, eher schwach und vor allem die französischen Altmeister recht träge. Dagegen überzeugte der amerikanische Modedesigner Tom Ford mit dem überraschenden Debutfilm "A Single Man" nach einem Roman von Christopher Isherwood. Deshalb ging der Coppa Volpi Pokal für den besten Darsteller an Colin Firth in seinem Film zurecht. Firth mimt einen schwulen Universitätsprofessor der durch eine Hölle aus Einsamkeit, Trauer und Verzweiflung geht. Der Applaus dafür war absolut verdient, so die einhellige Meinung der Kritiker.


Rückblick über die 66. Internationalen Filmfestspiele von Venedig heute abend, den 14.09.09 in 3Sat um 23:10-23:40 Uhr.

Anzeige