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Digitales "Broadcast-Flag" verhindert Mitschnitte


Hollywood will digitales "Broadcast-Flag" durchsetzen!


Der Videorecorder hat seine Blütezeit weit hinter sich - dennoch lieben es die Kunden Mitschnitte bestimmter Sendungen unabhängig von Zeit und Ort vornehmen zu können. Zwar gibt es erste zaghafte Versuche Internet basierte Aufzeichnungen dem Kunden anzubieten, doch seitdem es eine ständig wachsende Anzahl bezahlbare DVD- oder Festplatten Recorder in unterschiedlicher Modell- und Ausstattungsvielfalt gibt, steigt auch die Anzahl der Käufer und Nutzer dieser Geräte. Eine schnellere Zugriffszeit auf bestimmte Bildpassagen und deutlich gesteigerte Bildqualität gegenüber VHS Bandsystemen tragen zu diesem Erfolg bei. Hinzu kommt, dass auf großen Flachbildschirmen das gute Bild der vor rund 11 Jahren erfolgreich eingeführten DVD erst richtig zum Tragen kommt und die mindere Qualität der Vorgänger Systeme mehr als deutlich macht.

Doch den Hollywood Studios ist der Mitschnitt von Sendungen und besonders der von Filmen im Fernsehen schon lange ein Dorn im Auge. Sie möchten mehr Umsatz machen und stellen deshalb ständig neue Überlegungen zu Alternativen an. Verbesserter Kopierschutz und nochmals gesteigerte Bildqualität der Blu-ray Disc ist das eine Zauberwort die Kunden zum Kauf von Filmen anzuregen. Die andere Möglichkeit ist dem Verbraucher einfach die Aufzeichnung durch technische Mittel unmöglich zu machen ohne ihn dabei vollständig zu verärgern.

So sollen Filme schneller via Kabel und Satellit vermarktet werden und die Einführung des Abruffernsehens (Pay-per-View) durch neue vereinfachte Verfahren schneller eingeführt werden. Darüber hinaus hat der Verband der US-Filmindustrie, die Motion Picture Association of America (MPAA), einen neuen Anlauf unternommen, das sogenannte "Broadcast-Flag" durchzusetzen, das die Aufnahme von Fernsehsendungen mittels Video- bzw. Discrekordern verhindert.

Kürzlich haben die großen Hollywoodstudios über ihren Verband MPAA eine Petition bei der US-Aufsichtsbehörde für Funk und Fernsehen (Federal Communication Commission, FCC) eingereicht. Darin beantragen sie eine Aufhebung des Verbots der Einführung eines Broadcast-Flags für digital übertragene Fernsehsendungen:
"Konkret wünscht sich die MPAA, dass die Kommission ihr Verbot der Nutzung einer wählbaren Ausgabekontrolle für Set-Top-Boxen aufhebt, um eine Partnerschaft zwischen den Unterzeichnern und Mehrkanal-Videoanbietern zu ermöglichen, in deren Rahmen kopiergeschützte, hochauflösende Spielfilme direkt Verbrauchern angeboten werden können, noch bevor die Filme auf Medien in den Handel kommen." In den Augen der MPAA "wird das neue Angebot den Verbrauchern nützen, weil sie aktuelle Filme früher und in besserer Qualität zu Hause sehen können werden". Außerdem "würde der Umstieg auf die digitale Technik unterstützt, indem Anreize dafür geschaffen werden, neue HD-Fernseher zu kaufen. Es sei vielmehr inakzeptabel und ein viel zu großes Risiko, den Kunden zu gestatten, wertvolle, erst kurz zuvor veröffentlichte Filme über ungeschützte Ausgänge anschauen zu lassen. Sollte die FCC der MPAA ihren Wunsch nach einem digitalen Broadcast-Flag abschlagen, werde allerdings das neue Filmangebot nicht eingerichtet", machte die MPAA klar.

Mit anderen Worten: Die MPAA hat Angst, die Kunden könnten die Filme in hoher Qualität aufzeichnen und unerlaubt weiterverbreiten. Das wäre dem Geschäft mit DVD und Blue-ray-Disc abträglich. Hinter der "wählbaren Ausgabekontrolle" ("selectable output control", SOC) verbirgt sich eine Art digitales Broadcast-Flag. Es handelt sich um ein Signal, das zusammen mit dem Film übertragen wird, und das das Empfangsgerät dazu veranlasst, Videoausgänge, über die der Film an ein (digitales) Aufzeichnungsgerät übertragen werden könnte, abzuschalten. Nur Fernsehgeräte und Projektoren, die über eine kopiergeschützte HDMI-Verbindung verfügen, würden ein Bildsignal erhalten.

Die US-Behörde Federal Communications Commission (FCC) ist jedoch laut eines am 6. Mai 2005 gefällten Gerichtsentscheids nicht befugt, mittels des umstrittenen "Broadcast-Flag" staatlich zu regulieren, was mit einem Fernsehsignal nach dem Empfang durch den Fernseher oder Computer zu geschehen hat. Geklagt hatten damals mehrere Bürgerrechtsorganisatoren, die verhindern wollten, dass Signal-Demodulatoren das Broadcast-Flag, erkennen und berücksichtigen. Die entsprechende Aufnahme oder die Ausgabe eines unverschlüsselten hochauflösenden ATSC-Fernsehsignals wäre dann nämlich nicht mehr möglich. Betroffen hätte dies alle Hersteller von HDTV-Fernsehern, digitalen HDTV-Videorekordern sowie von externen und internen Tunern für Computer. Seit dem Urteil müssen diese nun nicht mehr ihre komplette Produktpalette neu designen - was gerade für kleinere Hersteller eine Katastrophe gewesen wäre, urteilte damals die an der Klage beteiligte Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF). Mit dem "DTV Liberation Project" wollte die EFF außerdem jegliche Reglementierung untergraben und darüber hinaus eine Anleitung entwickeln, nach der sich auch technische Laien einen eigenen digitalen Videorekorder bauen können, der das Broadcast-Flag ignoriert.

HP und Philips hatten daraufhin gemeinsam eine neue Kopierschutztechnik vorgestellt, die die Weiterverbreitung von digitalen Fernsehinhalten beschränken soll. Der von den Unternehmen entwickelte Kopierschutz soll es zwar erlauben, Aufnahmen aus dem digitalen Fernsehen anzufertigen, diese sollen dann aber nicht weiter kopiert werden können, berichtete schon damals die IT Plattform Golem. Inzwischen ist seit dem Urteil so viel Zeit vergangen, dass mittlerweile alle Hersteller neue Geräte auf dem Markt gebracht haben, die über HDMI-fähige kopiersichere Verbindungen verfügen. Für die damals noch unbekannten Blu-ray Player sind HDMI-Verbindungen sogar zwingend erforderlich. Dennoch bleibt das Problem der digitalen Aufzeichnung über Set-Top-Boxen bestehen.

Überraschend hat Sony dieser Tage verkündet spezielle interaktive Fernseher für Kabelnetzbetreibern in den USA zu entwickeln. Dazu hat der Konzern einen neuen Plug-and-Play-Standard vorgeschlagen, mit dem es ermöglicht werden soll digitale Dienste ohne Set-Top-Box auf dem Fernseher zu empfangen. Ein entsprechendes Abkommen wurde bereits mit den mit den führenden Kabelnetzbetreibern Comcast, Time Warner Cable, Cox Communications, Charter Communications, Cablevision Systems und Bright House Networks abgeschlossen, teilte der Branchenverband National Cable and Telecommunications Association (NCTA) mit. Zum Sony Konzern gehört u.a. auch Sony Pictures, eines der führenden Hollywood Studios, das ebenfalls in der oben genannten MPAA organisiert ist.

Ziel der Entwicklung ist es "interaktive Dienste wie Video-on-Demand, digitale Videoaufzeichnung und interaktive Programmführer" weiterhin nutzen zu können. Außerdem werde es mit der neuen Technik möglich sein, auch auf anderen elektronischen Geräten digitale Dienste über das Kabel zu empfangen. Wann der neue Standard, der auf der Java-basierten Applikation "tru2way" beruht, in den USA eingeführt werden soll, wurde bisher nicht bekannt.

Aus Sicht der Kinobetreiber sind alle Pläne der Hollywood-Studios Existenz jedoch bedrohend. Der nationale Verband der US-Kinobetreiber (National Association of Theater Owners, kurz NATO) befürchtet, die Pläne der MPAA könnten, sollten sie in die Praxis umgesetzt werden, zu einem "Zusammenbruch der Auswertungsfenster" führen. Die Kinobetreiber sehen die Gefahr, dass die Verbraucher sich die neuen Filme lieber daheim anschauen würden, als ins Kino zu gehen, sollten die Filme schon kurz nach ihrer Kinopremiere via Kabel verfügbar gemacht werden. Die Kinos würden also aus der Verwertungskette verdrängt.

Wie sich die Situation in Deutschland entwickelt ist schwer abzuschätzen. Bereits zu Pfingsten hatte ProSieben einen abendlichen Spielfilm plötzlich und unerwartet mit Kopierschutz ausgestrahlt und sorgte damit für Aufregung unter den Konsumenten. Moderne Digitalvideorekorder verweigern die Aufzeichnung, wenn das Signal mittels Wide Screen Signaling (WSS) über die vertikale Austastlücke des analogen Kabelnetzes gesendet wird. Herkömmliche analoge VHS Videorecorder waren angeblich davon nicht betroffen und konnten den Film anstandslos aufzeichnen. Doch reine VHS Geräte werden nur noch Firma LG hergestellt, alle anderen Markenfirmen haben die Produktion zugunsten der DVD-Recorder eingestellt, die eine Aufzeichnung verweigerten. Offensichtlich experimentierte der Sender mit der Einführung eines Regelbetriebes von kopiergeschützten Programmen schrieb die IT-Plattform Golem im Mai. Die Kinobesitzer wird es freuen, den Käufer der teuren Digitalrecorder dagegen verärgern.

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