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Maneo Filmkampagne gegen Homophobie

Heute am Tag des Christopher Street Day (CSD) passt es sicherlich ganz gut über Neuigkeiten aus der schwul-lesbischen Filmszene zu berichten.

Das rbb Fernsehen sendete Mittags mit zahlreichen Interviews zwei Stunden lang von der Parade. Die Sendung wird in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag um 2:40 Uhr noch einmal wiederholt. Um 20:15 folgt ein spezial Programm mit Sketch und Travestie zur Regenbogenparade, wie sie in Österreich und der Schweiz heißt. In englischsprachigen und romanischen Ländern wird dagegen meist vom Gay Pride Day gesprochen und in Australien ist die Parade mit der Karnevalstradition vermischt worden und heißt deswegen Mardi Gras.

Die Berliner Parade heute wurde zwar von starken Regenschauern begleitet, das störte die teilweise fast nackten Tänzer aber wenig. Der Fernsehzuschauer, der lieber zu Hause geblieben war, konnte dafür aber einige Neuigkeiten von den Interview Partnern aus der Glaskanzel des rbb an der Parade erfahren:

• So berichtete der Filmemacher und Dozent der HFF Potsdam, Rosa von Praunheim, der eigentlich Holger Mischwitzky heißt, von seinem neuen Filmprojekt, das bei der nächsten Berlinale 2008 gezeigt werden soll. Es soll ein z.T. autobiografischer Dokumentarfilm werden, mit Aufnahmen aus seiner Heimatstadt Riga. Wie er selber erst kürzlich erfuhr, wurde er am 25. November 1942 eigentlich als Holger Rattke im Frauengefängnis von Riga geboren und damals in Kriegszeiten, gegen den Willen der Mutter, zur Adoption freigegeben.

Sein bekanntester Film dürfte ein Film von 1970 sein, der seine Erstaufführung beim Forum des jungen Films auf der Berlinale am 3. Juli 1971 erlebte:
„Nicht der Homosexuelle ist pervers sondern die Situation in der er lebt“ war der kontroverse Titel des Films.

Der Film wurde zwar vom Westdeutschen Rundfunk in Auftrag gegeben, doch die Aufführung im deutschen Fernsehen wurde zum Skandal und somit zum erst recht von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Der WDR war der einzige Sender, der den Film ausstrahlte. Die vorgesehene parallele Aufführung bei der ARD wurde kurzfristig abgesagt. Die ARD strahlte den Film erst ein Jahr später aus, Bayern schaltete sich daraufhin aus dem Programm aus.

Kurz zum Inhalt für diejenigen, die den Film nicht kennen:
Ein junger Mann aus der Provinz, lernt Anfang der 70er Jahre die Subkultur der Großstadt Berlins kennen und scheitert beim anfänglichen Versuch die bürgerliche Ehe im gleich geschlechtlichen Zusammenleben zu kopieren. Schon nach vier Monaten endet das große Glück.

Dabei ist das Thema immer noch aktuell, denn laut diverser statistischer Erhebungen sollen 30% in der Bevölkerung auch heute noch eine negative Einstellung zu Schwulen und Lesben haben - und das in einer multikulturellen Stadt, in der sich der Regierende Bürgermeister selber längst als homosexuell geoutet hat.

Rosa von Praunheims Attacken richten sich allerdings nicht gegen fremde Unterdrücker, sondern gegen das eigene Lager. Die Situation, in der der Homosexuelle lebt, ist hausgemacht: das ist die These seines Films. Verwirrung, Empörung, Bestürzung im Schwulenlager war die Folge, aber auch Bewegung, Aktion, coming out und Solidarität. Die Aufgabe als emanzipierter Schwuler ist es sich zu seinem Schwulsein zu bekennen, andere Inhalte zu schaffen als nur Mode und Sex. Man schlägt ihm vor, sich politisch zu organisieren und gemeinsam mit anderen Schwulen über menschliche Formen des Zusammenlebens nachzudenken war die Botschaft des Films. Der Film ist zum Klassiker geworden. Sogar das Filmplakat befindet sich heute in den Beständen des Deutschen Historischen Museums.

Kamera: Robert van Ackeren
Verleih: Freunde der Deutschen Kinemathek
Hier die komplette Filmbiografie als download:
biografie_Rosa_v_Praunheim.pdf


• Anders als Rosa von Praunheims Thesen richtet sich „Maneo“ www.maneo.de, das Schwule-Anti-Gewalt-Projekt aus Berlin, in aktuellen Kinospots gegen Unterdrückung von außen. Feindseligkeit gegen Schwule wird auch Homophobie genannt.

Die Spots wurden von Studenten der dffb als Auftragsarbeit erstellt. Aus mehreren Vorschlägen wurden von den Studenten selber, nach längeren Diskussionen, die Szenen als Kinospots ausgewählt, die am stärksten schockieren. Die teilweise dargestellte Brutalität soll ganz bewusst zum Nachdenken anregen und in Erinnerung haften bleiben. Es kann nicht sein, dass wie oben bereits erwähnt, 30% der Bevölkerung bei Gewalt gegen Schwule die Augen verschließen.

„Antidiskriminierung / Arbeitswelt“ ist deshalb auch das Leitthema für den CSD 2007. „Vielfalt sucht Arbeit" das passende Motto, das sich gegen die Stigmatisierung einzelner oder Diskriminierung ganzer gesellschaftlicher Gruppen richtet. Übrigens soll die Parade mit einem Feuerwerk für die Augen enden, denn seit 2003 gab es nicht mehr genügend Sponsoren, die ein CSD-Feuerwerk am Ende der Abschlusskundgebung an der Siegessäule ermöglicht hätten.


• Als drittes konnten wir Neuigkeiten zum Internationalen Queer FilmFestival erfahren. Es ist zwar noch etwas hin bis das „Verzaubert Filmfestival“ im Herbst in 4 deutschen Städten gezeigt wird, doch die Veranstalter versprachen schon jetzt eine wahre Filmperle zur Eröffnung zeigen zu wollen. Exklusiv für Berlin plant man bei diesem Festival das schönste Filmmusical des Jahres präsentieren zu können. Mehr sei nicht verraten.
Zu gegebenem Zeitpunkt werden wir näheres berichten.

Hier die Termine 2007:
MÜNCHEN 14–21 November
KÖLN 21–28 November
FRANKFURT 21–28 November
BERLIN 28 November–5 Dezember
Angaben ohne Gewähr. Änderungen vorbehalten
www.verzaubertfilmfest.com


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