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Ex Spiegel Chefredakteur übernimmt N24

Pro Sieben Sat.1 trennt sich von seinem Nachrichtensender N24.



Die Diskussion um den Fortbestand von N24, dem Nachrichtensender der Pro SiebenSat1 Gruppe, währt schon eine Weile. Nach dem Wegzug des privaten Fernsehsenders SAT1 aus Berlins schönster Mitte am Gendarmenmarkt hatten die Medienwächter der Landesmedienanstalten wieder einmal angemahnt, dass die Sendeerlaubnis der privaten Programme an gewisse Bedingungen geknüpft ist. TV-Vollprogramme, wie sie SAT1, Pro Sieben oder auch RTL senden dürfen, müssen zwingend Nachrichtensendungen einschließen. Nur dann ist die Informationspflicht der Sender gegeben.

Vor einigen Wochen fand zu diesem Thema auch eine Podiumsdiskussion im Atrium des Deutschen Bank Forums - am Sitz der Deutschen Guggenheim - in der Berliner Charlottenstraße statt, auf der es hoch her ging. Norbert Schneider, scheidender Direktor der Landesmedienanstalt in Nordrhein-Westfalen, wettert schon damals gegen den beabsichtigten Verkauf des Nachrichtensenders N24 durch die Pro SiebenSat.1 AG. Auch Thomas Langheinrich, Vorsitzender der Landesmedienanstalten (DLM), bestärkte jüngst nochmals, dass:

"Informationen über das aktuelle Zeitgeschehen und seine Hintergründe ein Wesensmerkmal von Rundfunk sind, die nicht zur Disposition stehen dürfen."

Thomas Ebeling, Vorstandsvorsitzender (CEO) von Deutschland größtem und erfolgreichstem Fernsehunternehmen konterte damit, dass der Sender sparen müsse. Das Interesse seiner Zuschauer Klientel wäre mehr an Sendungen von Entertainer Stefan Raab interessiert, als an kostenaufwendigen Nachrichtensendungen, fügte er fort, sodass er sich einen eigenen Nachrichtenkanal nicht mehr leisten könne.

Tatsächlich hatte Stefan Raab zusammen mit Lena und ihrem Titelsong "Satellite" den Eurovision Song Contest beim Europa Grand Prix in Oslo gewonnen und damit sämtliche Nachrichtenseiten der Zeitungen und Sender gefüllt. Doch sich darauf zu berufen und die Informationspflicht des Senders auf Entertainsendungen zu beschränken, empörte lautstark das versammelte Publikum. Zwar beschwichtigte der Sender sogleich, dass man mit der Sendung "Dieter Kronzuckers Kosmos" auf N24 doch sehr beliebte Informationssendungen täglich ausstrahlen würde, doch der Vertreter der Landesmedienanstalt warnte noch einmal vor genereller Aufgabe von Nachrichtensendungen, was den Konzern die Sendelizenz kosten könne. Auch wenn Nachrichten ein Verlustgeschäft seien, bestimmten sie dennoch das Image eines Senders mit.

Warum die Senderkette Pro SiebenSat.1 AG sich nun von ihrem Nachrichtenkanal N24 trennt und laut Meldung vom 16. Juni 2010 an ein Bieterkonsortium um den früheren „Spiegel“-Chefredakteur Stefan Aust verkauft, bleibt dennoch unverständlich. Der beim Spiegel geschasste Chefredakteur hat sicherlich mit dem erfolgreichen Spiegel-TV genügend Fernseherfahrung, um den Sender am Leben zu erhalten, doch 72 von 218 Vollzeitstellen sollen durch Vertragsaufhebungen oder Kündigungen abgebaut werden. Nach dem Umzug des Nachrichtensenders an den imageträchtigen, aber teuren Standort am Berliner Potsdamer Platz gab es wiederholt Meldungen über einen anstehenden Verkauf. Aus diesem Studio werden zudem die Nachrichtensendungen für SAT1 und ProSieben gefahren. Vielleicht wäre es geschickter gewesen das Prinzip von der Deutschen Welle (DW-TV) zu übernehmen und statt für jeden Sender einen eigenen Anchorman zu beschäftigen, hätte man vielleicht besser nur eine rotierende Newssendung für alle Sender aus einem Studio produzieren sollen. Auch damit hätte man Einsparungen bewirken können.

Nun also trennt sich der Fernsehkonzern Pro Sieben Sat.1 zum 1. September 2010 von seinem Nachrichtensender N24 und muss über kurz oder lang ein neues eigenes Nachrichtenstudio in München aufbauen, auch wenn die Politik weiter in Berlin spielt. Noch soll die neue N24-GmbH bis Ende 2016 die Nachrichten für Sat.1, Pro Sieben und Kabel eins liefern. Die „qualitativ hochwertige Nachrichtenversorgung“ der Privatsender sei somit langfristig gesichert, betonte Pro Sieben Sat.1-Chef Thomas Ebeling. Sogar das Sat.1-Frühstücksfernsehen soll „bis mindestens Mitte 2014“ seinen Standort in Berlin beibehalten können.

Nach Angaben von Pro Sieben Sat.1 kostet die Abgabe des Senders bis zu 41 Millionen Euro, dazu kommen Abschreibungen auf Anlagegüter von bis 12 Millionen Euro. Das Bieterkonsortium mit dem langjährigen N24-Geschäftsführer Torsten Rossmann, dem Fernsehproduzenten Thorsten Pollfuß sowie Stefan Aust übernimmt auch die Produktionsgesellschaft Maz&More. Die Moderatoren der Nachrichten von Sat.1, Pro Sieben und Kabel eins sollen künftig bei den Pro Sieben Sat.1 Sendern und nicht mehr bei N24 angestellt sein.

„Meine Aufgabe wird es vor allem sein, mich ab sofort um zusätzliche Aufträge für neue Reportagen und Dokumentationen zu kümmern“, erklärte Aust. Der 63-jährige Journalist und Gründer von „Spiegel TV“ hatte zuletzt ein neues Nachrichtenmagazin unter dem Arbeitstitel „Woche“ auf den Markt bringen wollen. Der Medienkonzern Axel Springer („Bild“, „Die Welt“) und die WAZ-Gruppe („Westdeutsche Allgemeine Zeitung“), die als Partner dafür im Gespräch waren, zogen sich aus dem Projekt zurück.

Aust will nun aber sein Print-Projekt „Woche“ soweit wie möglich in die neue Gesellschaft um den Nachrichtensender N24 mit einbringen. „Dieses Projekt werden wir von der Basis N24 aus weiterbetreiben“, sagte Aust. Das solle soweit geschehen, „wie die Verträge mit der WAZ-Gruppe das zulassen.“ Es könne auch sein, "dass wir es nur im Internet machen.“ Es gebe eine Menge Leute, die sich abseits der bisherigen Partner dafür interessierten. „Wir haben da eigentlich ein ganz gutes Gefühl.“ Weitere Details nannte Aust nicht.

N24 will sein Programmschema weitgehend beibehalten, sich aber stärker auf die Politik-Berichterstattung konzentrieren. Bis zum vierten Quartal 2011 will der Sender ein deutsches Netzwerk von Videojournalisten mit 13 Stellen aufbauen. Ein Teil der N24-Magazine, die bisher von der ProSiebenSat.1-Gruppe zugeliefert wurden, sollen durch Dokumentationen und Reportagen ersetzt werden. Pro Jahr will N24 rund 50 Reportagen in Auftrag geben.

Link: www.n24.de


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