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Ralph Schwingel wird doch nicht neuer DFFB-Direktor

Ralph Schwingel zieht Bewerbung für DFFB-Direktorenposten zurück.



Es ist kein April-Scherz! Die Suche nach einem Nachfolger von Jan Schütte als Direktor der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) startet wieder von Neuem, nachdem jetzt auch der Hamburger Filmproduzent Ralph Schwingel seine Bewerbung für den Posten zurückgezogen hat. Der dritte Rücktritt innerhalb eines Jahres!

Am 9. März 2015 verkündeten wir die Berufung Ralph Schwingels zum Direktor der DFFB. Zwar hatte die Studentenvertretung die Wahl angezweifelt, doch Björn Böhning, Chef der Staatskanzlei und Kuratoriums-Vorsitzender, wollte sich gegen den Rat der Dozenten und Studierenden durchsetzen und lies sich auf keine Diskussion ein.

Bereits gegen die vorhergehende Auswahl, den österreichischen Filmemacher Julian Pölsler, hatten die Studenten Vorbehalte gehabt. Daraufhin trat dieser sein Amt ebenfalls nicht an. Die von den Studenten als mögliche Direktorin favorisierte Kamerafrau, Kölner Hochschulprofessorin und Ex-DFFB-Dozentin Sophie Maintigneux wurde von Björn Böhning nicht berücksichtigt. Die Neuwahl war notwendig geworden, weil der erst 2010 als Direktor berufene Regisseur Jan Schütte überraschend den Posten im Sommer 2014 aufgab und nach L.A. ging. Vorausgegangen waren diverse Auseinandersetzungen mit den Studierenden, die in einem geschlossenen Rücktritt der Studentenvertretung gipfelten, wie wir am 28. Juni 2014 berichteten.

Auch der Rücktritt Schwingels ist durch Studentenproteste ausgelöst worden. In einem Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" erklärte Schwingel, dass ein internes Treffen zwischen Dozenten und Studenten am 23. März 2015, zu dem rund 20 Dozenten und circa 25 Studenten gekommen waren, der letzte Auslöser für diese Entscheidung gewesen sei.

"Diesen schönen konstruktiven Impuls, den die Dozenten angeregt hatten, musste ich noch abwarten", so Schwingel gegenüber dem "Tagesspiegel".

Eine Woche zuvor war schon einmal ein Gespräch zwischen Schwingel, Dozenten und Studenten anberaumt worden, in dem die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit erörtert werden sollten. Die Studenten verweigerten damals nicht nur das Gespräch, sondern blockierten auch den Aufzug, so dass das Gespräch zwischen Schwingel und den DFFB-Mitarbeitern in einem Kellergang stattfinden musste. Im Vorfeld dieses Gesprächs hatten sie Schwingel gebeten, seine Bewerbung zurückzuziehen.

Dazu gab es auch allen Grund, denn die Studenten sind keine Schulkinder mehr, die "das Schindluder, das derzeit mit dem Erbe der DFFB getrieben wird", so einfach hinnehmen. Sogar der Verband der deutschen Filmkritik (VdFk) kritisierte die Ernennung und sah sich zu einem offenen Brief an Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller veranlasst, wie wir in einem Nachtrag zu unserem Bericht vom 9. März 2015 schrieben.

Wie Schwingel nun gegenüber dem "Tagesspiegel" erklärte, sei er zu der Erkenntnis gelangt, dass er momentan nichts ausrichten könne und das auch für jeden anderen schwer werde.

"Da hat sich Vieles derart zusammengebraut, dass es ganz schwer ist, den Knoten zu lösen", so Schwingel. Schwingel kritisierte auch den "Eigensinn" der Studenten. In seiner Tätigkeit als Produzent wolle er zwar sogar, dass ein Regisseur mal "auf den Tisch haut", doch irgendwann "sollte Common sense hinzukommen". Dass die Studenten den Akademiedirektor selbst bestimmen wollen, wie von einer Studentin angeregt, halte er für Quatsch. "Eine Drittelparität wäre vielleicht denkbar, aber nicht in der jetzigen schwierigen Lage", so Schwingel.

In einer ersten Stellungnahme betonte der Rat der Studierenden an der DFFB, dass es ihm nie um eine Ablehnung von Schwingel als Person gegangenen sei, sondern einzig um Kritik am Verfahren. Daher habe man Schwingel auch gebeten, seine Bewerbung zurückzuziehen. Die Behauptung, die Studierenden wollten ihren Willen durchsetzen, wurde in der Stellungnahme als "tendenziös" bezeichnet; es sei niemals darum gegangen, den Direktor selbst zu bestimmen.

Zu der von Schwingel grundsätzlich bejahten Drittelparität, die er sich nur in der jetzigen schwierigen Lage nicht vorstellen könne, heißt es in der Stellungnahme der Studierenden:
"Wann, wenn nicht in schwierigen Zeiten, in denen tatsächliche Richtungsentscheidungen anstehen, sollte man Demokratie praktizieren?".

Zuvor hatte der Rat der Studierenden ein an Björn Böhning als Berliner Senatskanzlei-Chef und Kuratoriumsvorsitzenden der DFFB gerichtetes Anwaltsschreiben veröffentlicht, in dem eine Reihe rechtlicher Verstöße beim Auswahlverfahren behauptet werden. Nach Ansicht des rechtlichen Beistands des Rats der Studierenden wurde die Bewerbung Schwingels rückdatiert, "um den Anschein einer fristgerechten Bewerbung zu erwecken." Ein solches Vorgehen sei, so das Schreiben, "durchaus auch strafrechtlich relevant". Tatsächlich hatte Ralph Schwingel in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" eingeräumt, das ein solches rückdatiertes Schreiben existiere, allerdings habe es sich um einen "versehentlich verteilten" Entwurf gehandelt.

Zu den weiteren Kritikpunkten, die im Anwaltsschreiben von Rechtsanwalt Peter Raue aufgeführt werden, zählt unter anderem, dass die Stellenausschreibung nicht den rechtlichen Anforderungen an eine öffentliche Ausschreibung genügt hätte. Raue macht außerdem geltend, dass die abgelehnte Kandidatin Sophie Maintigneux (die ihrerseits gerichtlich gegen das Auswahlverfahren vorgeht und eine einstweilige Anordnung gegen Schwingels Ernennung erwirkt hatte) mindestens so gut, wenn nicht sogar besser für den Direktorenposten geeignet gewesen wäre als Schwingel. Immerhin müssen laut Landesgleichstellungsgesetzes Frauen bei gleicher Qualifikation solange bevorzugt werden, bis ihr Anteil in einer Geschäftsleitungsposition bei 50 Prozent liegt.

Schließlich bemängelt Raue auch eine fehlerhafte Besetzung des Kuratoriums, die nicht den Vorgaben des Gesellschaftervertrags entspreche. So sei eine wesentliche Vorgabe, dass Kuratoriumsmitglieder nicht in geschäftliche Beziehungen zur DFFB treten dürften. Mindestens drei der Mitglieder erfüllten diese Voraussetzung jedoch nicht.

Das komplette Anwaltsschreiben lesen Sie hier als PDF.
Quellen: Tagesspiegel | Blickpunkt:Film

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