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Kulturinitiative von Monika Grütters zu TTIP

BKM und BMWi stellen gemeinsame Forderungen zu TTIP.



Während bei der Novellierung des Filmfördergesetztes offensichtlich noch einiges zu klären ist (wir berichteten gestern), ziehen bei dem mit den USA geplanten Freihandelsabkommen (TTIP) BKM und Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) jetzt in Sachen Kultur und Medien an einem Strang: Auf deren Initiative hat sich die Bundesregierung auf konkrete Forderungen zum Schutz dieser Bereiche im Rahmen der weiteren TTIP-Verhandlungen geeinigt, die kürzlich in einem Positionspapier veröffentlicht wurden.

Demnach trete die Bundesregierung nachdrücklich dafür ein, dass das Abkommen keine Bestimmungen enthalte, die geeignet seien, "die kulturelle und mediale Vielfalt in Deutschland zu beeinträchtigen". So müsse der Schutz der kulturellen - sowie der Meinungs- und Medienvielfalt auch angesichts der Asymmetrie der Märkte im Internetsektor sichergestellt werden.

Wie BKM und BMWi einer gemeinsamen Erklärung darlegten, schlage die Bundesregierung jetzt konkrete Formulierungen vor, die den Schutz von Kultur und Medien in den relevanten Kapiteln des Abkommens absichern sollen. Zielgenaue Schutzklauseln sollen insbesondere das sogenannte "right to regulate", den künftigen Handlungsspielraum für Regulierungen, offenhalten.

Unter anderem wird in dem Papier festgehalten, dass Regelungen im geplanten TTIP-Abkommen einer "effektiven Durchsetzung von Urheber- und verwandten Schutzrechten nicht entgegenstehen" dürften. Insbesondere dürfe es keine Bestimmungen enthalten, die einer möglichen Regelung auf EU-Ebene zur Haftung von Vermittlern im Internet entgegenstehen könnten. Aus Sicht der Bundesregierung ist zudem eine "horizontale Ausnahmeklausel für Beihilfen bei Dienstleistungen" erforderlich. Dieses sichere die Möglichkeit für Fördermaßnahmen im Sinne der Kultur- und Medienvielfalt.

"Wir halten Vorkehrungen für notwendig, um auch künftig Regulierungen zu ermöglichen, die die Vielfalt der Kultur und Sprache sowie die Medienvielfalt und -freiheit fördern und schützen. Der legislative Handlungsspielraum des deutschen und europäischen Gesetzgebers in diesem Bereich darf nicht durch ein Freihandelsabkommen eingeschränkt werden", bekräftigten Kulturstaatsministerin Monika Grütters und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel.

Wie Grütters weiter ausführte, enthalte das Verhandlungsmandat bereits jetzt Schutzvorkehrungen für den kulturellen Bereich sowie eine Ausnahme für Audiovision, allerdings bisher nur im Dienstleistungskapitel, nicht in benachbarten Kapiteln. Daher sei das Positionspapier "ein wichtiger Schritt hin zu einem starken Schutz des Kultur und Medienbereichs in den laufenden TTIP-Verhandlungen". Gabriel wiederum unterstreicht, dass die kulturelle und mediale Vielfalt und die Kulturförderung in Deutschland nicht gefährdet seien und ergänzt: "Es ist gut, dass das in diesem Papier nochmals mit konkreten Ansätzen unterlegt wurde."

Das Positionspapier und weitere Informationen finden Sie hier.


SPIO begrüßt Regierungspositionierung zu TTIP.
Alfred Holighaus, Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), freut sich, dass mit dem vorgelegten Positionspapier der Bundesregierung zu den TTIP-Verhandlungen eine "schon lange und immer wieder formulierte Forderung der deutschen Filmwirtschaft grundsätzlich erfüllt wurde."

So liege damit die erste Erklärung der Regierung vor, die ausdrücklich einen eigenen Handlungs- und Regelungsbedarf für Kultur und Medien - und damit auch für die Filmbranche - bei den TTIP-Verhandlungen benenne und fordere.

"Auch die Tatsache, dass sich das Positionspapier auf die konkrete Vertragsgestaltung (Stichwort: Kapitel) bezieht und nicht nur allgemein eine Schutzklausel für Kultur und Medien fordert, macht deutlich, wie ernst es der Bundesregierung mit dem Sonderregelungsbedarf für Kultur und Medien zu sein scheint", so Holighaus.

Gleichzeitig mahnt der SPIO-Präsident aber noch weitere Konkretisierungen an. So sollten demnach bei den europäischen und nationalen Regelungen zur Meinungsvielfalt und zum Medienpluralismus nicht nur die beispielhaft aufgeführten "Inhalte von öffentlichem Interesse" berücksichtigt werden, sondern insbesondere auch die vielfältigen Inhalte der unabhängigen deutschen und europäischen Filmproduktion. Auch solle die "berechtigte Ablehnung" einer Sonderregelung für "digitale Güter" im Kapitel "elektronischer Geschäftsverkehr" erweitert bzw. konkretisiert werden, da dieser Begriff "austauschbar und beliebig" sei.

Auch halte die SPIO an ihrer Forderung nach Verhandlungen auf Grundlage sogenannter "Positivlisten" (wie dies im Zusammenhang mit Marktzugangsverpflichtungen nun geschehen solle) in allen Bereichen fest. Darüber hinaus halte man weiterhin eine transparentere Debatte zur Klärung von Begriffen für notwendig und fordert eine Offenlegung der Verhandlungspositionen beider Verhandlungspartner in den Kapiteln, die die Produktion, den Vertrieb und die Nutzung audiovisueller Medien betreffen.

Als besonders begrüßenswert hebt Holighaus den ausdrücklichen Hinweis auf die Möglichkeit zur Haftung von Intermediären bei der Verletzung von Urheberrechten auf EU-Ebene hervor. Hierfür habe sich die SPIO seit langem stark gemacht.

"Das Positionspapier der Bundesregierung zeigt schon durch seine bloße Existenz, dass die Debatten, Warnungen, Stellungnahmen und Podien seitens der Kreativ- und namentlich auch der Filmwirtschaft keine Panikmache waren. Hier hat vielmehr das Frühwarnsystem einer Branche funktioniert, die längst begriffen hat, dass ihre kulturelle und wirtschaftliche Zukunft nur in der ständigen und kritischen Auseinandersetzung mit den politischen Entwicklungen auf nationaler, europäischer und globaler Ebene gesichert werden kann", so das Fazit des SPIO-Präsidenten.

Die komplette SPIO-Pressemitteilung finden Sie hier.


Deutscher Kulturrat freut sich über Statement der Bundeskanzlerin.
Der Deutsche Kulturrat begrüßt ebenfalls die Kulturinitiative der BKM-Beauftragten Monika Grütters, und freut sich, dass am 3. November 2015 sich endlich auch die Bundeskanzlerin zu TTIP und seinen Auswirkungen auf den Kulturbereich geäußert hat und damit für die gesamte Bundesregierung die Gefahrensituation anerkennt. Beim Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) äußerte sich Angela Merkel zum ersten Mal öffentlich zum Themenkomplex TTIP und Kultur. Sie sagte:

"Die Bundesregierung hat vor wenigen Wochen ein Positionspapier veröffentlicht, mit dem wir unsere Haltung unterstreichen, dass das Freihandelsabkommen keinerlei Bestimmungen enthalten soll, die die Kultur- und Medienvielfalt bei uns beeinträchtigen. Die öffentliche Kulturförderung wird weiter möglich sein. Die Buchpreisbindung bleibt bestehen. Und unser gesetzgeberischer Spielraum in der Kultur- und Medienpolitik bleibt erhalten. Deshalb sollten wir das, was wir an Mehrwert haben, unter den gesetzten Rahmenbedingungen beachten und die Chancen nutzen, natürlich auch über die Risiken diskutieren, sie aber nicht gegenüber den Chancen unangemessen in den Vordergrund stellen."

Bereits einen Tag später hat das Bundeskabinett den "Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Kulturgutschutzes" verabschiedet. Damit ist der Weg für die Beratungen im Deutschen Bundestag frei, um im kommenden Jahr den Gesetzgebungsprozess für ein modernes Kulturgutschutzgesetz abschließen zu können, das den Anforderungen bei der Ein- und Ausfuhr von Kulturgut gerecht wird. Bei dem Gesetz ist zudem eine Evaluierung nach fünf Jahren vorgesehen. "Fünf Jahre sind ein angemessener Zeitraum, um Erfahrungen mit den Neuregelungen zu sammeln und gegebenenfalls nachzusteuern", so Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates.

Quellen: BKM | Blickpunkt:Film | SPIO | Kulturrat

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