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ARD räumt Dienstagabend für Filme frei

Gute und schlechte Nachrichten für Filmfreunde.



Für Filmfreunde und Fiction-Produzenten, die gerne mehr Spielfilme bei ARD & ZDF im Hauptabendprogramm sehen möchten, gibt es gute und schlechte Nachrichten. Zuerst die gute Meldung:

Das Erste will zukünftig jeweils am Dienstagabend um 22.45 Uhr mehr Filme und Reihen senden. Leider erst ab Anfang 2016, denn dann soll auf dem neuen Fiction-Sendeplatz das "Filmdebüt im Ersten" genauso einen festen Sendeplatz erhalten wie anspruchsvolle Filme aus der "Sommerkino"-Reihe.

Möglich geworden ist die Umwidmung der Sendeplätze durch das 'AUS' von Günther Jauchs Politik-Talk am Sonntagabend, der auf seinen eigenen Wunsch hin nicht verlängert wurde und zum Jahresende ausläuft. Die ARD musste ihre Talkshow-Schiene deshalb neu ordnen. Die Intendanten einigten sich auf folgenden Modus: Anne Will beerbt ab 2016 Jauch am Sonntagabend. Sandra Maischberger geht vom Dienstagabend auf den Mittwoch um 22.45 Uhr. Frank Plasberg bleibt mit "Hart aber fair" auf dem Montag. Den frei werdenden Slot am Dienstagabend bespielt die ARD künftig mit anspruchsvoller Fiction.

In der Sommerpause von "Menschen bei Maischberger" werden auch 2016 Dokumentationen und Dokumentarfilme gezeigt. Die ARD plant, zwölf bis 15 Produktionen auszustrahlen. Dies reicht dem Verband der Dokumentarfilmer (AG DOK) allerdings nicht. Während die Talkshowreform im Ersten vom Autorenverband VDD ausdrücklich begrüßt wurde, spart die AG DOK nicht mit massiver Kritik.

"Statt den Rückzug von Günther Jauch aus der ARD zu nutzen, um dem Dokumentarfilm endlich wieder mehr Raum zu geben, setzen die Programmverantwortlichen auf noch mehr Fiktion. Und das, obwohl fiktionale Sendungen schon jetzt über 36 Prozent des Gesamtprogramms füllen. Zur Hauptsendezeit sind es sogar 43 Prozent!". Fazit der Dokumentarfilmer: "Die ARD hat wieder einmal die Gelegenheit vergeigt, in ihrem Kernbereich Profil zu gewinnen."




Leider kein Gebührenbonus für Filmschaffende.
Darüber hinaus weckt das fette Plus bei den Rundfunkgebühren, das sich allein in diesem Jahr auf Mehreinnahmen von 643 Mio. Euro summiert, weitere Begehrlichkeiten. So fordert beispielsweise die Produzentenallianz finanzielle Erleichterungen für Produzenten. Ein anderer Vorschlag sieht eine 100-Mio.-Euro Programmoffensive von ARD und ZDF vor, finanziert aus dem prall gefüllten Gebührentopf. Doch die Filmschaffenden hoffen vergeblich auf einen Gebührenbonus.

"Es wird keine Rückzahlung geben", machte Heinz Fischer-Heidlberger, der Vorsitzender der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) und Präsident des Bayerischen Obersten Rechnungshofes, bereits bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Filmfests München (25.06.-04.07.2015) deutlich. Der Rundfunkbeitrag sei zum 1. April 2015 von 17,98 Euro auf 17,50 Euro abgesenkt worden. Lorenz Wolf, Rundfunkratsvorsitzender des Bayerischen Rundfunks, sprach von "Rechtsbruch", würden Gremien eingreifen und den Gebührenüberschuss - etwa unter Kreativen - verteilen.

Thema der Veranstaltung in München waren die öffentlich-rechtlichen Sender und die Kontrolle ihrer Tochterunternehmungen. Allerdings war laut Panelmoderatorin Irina Wanka kein Vertreter der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten bereit, sich an der Diskussionsrunde zu beteiligen. Deren Flotte ist inzwischen mit kommerziellen Beibooten auf die stattliche Anzahl von 150 angewachsen.

Michael Neubauer vom Berufsverband Kinematografie (BVK) sprach in dem Zusammenhang von einer "Konzernbildung", die im Gange sei, ARD und ZDF setzten mit ihren kommerziellen Töchtern jährlich 1,5 Mrd. Euro um. "Das ist unappetitlich", so Neubauer. Die Folge seien Unregelmäßigkeiten in den Märkten, mittelständische Unternehmen in den Bereichen Produktion, Rental und Postproduktion leiden unter der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz. Neben "vernünftigen Strukturen" forderte Neubauer eine effektivere Kontrolle der Mittelverwendung der öffentlich-rechtlichen Sender sowie Sanktionsmöglichkeiten im Falle von Verstößen.

Albrecht Frenzel, Verwaltungsdirektor des Bayerischen Rundfunks, widersprach dem Vorwurf, die Öffentlich-Rechtlichen würden Konzernstrukturen aufbauen. Vielmehr hätten ARD und ZDF in den vergangenen Jahren ihre Beteiligungen reduziert. Als Beispiel führte Frenzel den Verkauf von Postproduktionsfirmen der Studio Hamburg Gruppe an. Dass die Filmtechnik-Sparte der Hamburger an die Bavaria ging - einer Medienholding, die dem Bayerischen Fernsehen nahesteht - erwähnte er dabei nicht.

Schlimmer noch. Kurze Zeit später wurden sogar die Büroräume der Bavaria vom Bundeskartellamt durchsucht, um Vorwürfen zu Preisabsprachen einer Bavaria-Tochter nachzugehen. "Kartellrechtswidrige Preis- und Angebotsabsprachen bei Auftragsvergaben durch Fernsehsender und Produktionsfirmen", so lautet nach einem Bericht der FAZ der Verdacht gegen die Bavaria Studios & Production Services.

"Es läuft nichts aus dem Ruder", betonte dagegen Frenzel und widersprach außerdem den Verdacht der Quersubventionierung. Das EU-Beihilfegesetz habe zu mehr Kontrolle und Transparenz bei den öffentlich-rechtlichen Töchtern geführt, so sein Credo. Die hohe Zahl an kommerziellen Firmen von ARD und ZDF führt der BR-Verwaltungsdirektor auf die Anfänge des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zurück, als das notwendige Knowhow für die Programmgestaltung nicht auf dem freien Markt zu beschaffen war. Heute sei die Situation eine andere, der Markt biete ein vielfältiges Angebot an Dienstleistungen, Beteiligungen würden von ARD und ZDF eher als Risiko eingestuft.

KEF-Chef Fischer-Heidlberger erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass die Renditeerwartung von öffentlich-rechtlichen Töchtern bei fünf Prozent liege. Darüber hinaus habe beispielsweise Bavaria Film in den vergangenen Jahren die Anzahl ihrer Beteiligungen von 50 auf 35 reduziert.

Im Zusammenhang mit der Forderung nach mehr Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Töchter stellte Fischer-Heidlberger klar: "Die KEF hat keinen Kontrollauftrag." Die Gebührenanmeldungen von ARD und ZDF würden auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit überprüft werden sowie darauf, ob die Mittel ausreichend sind, um den Rundfunkauftrag zu erfüllen.

"Es gibt keine richtige Kontrolle", so das Fazit von Verbandschef Neubauer. Sein Vorschlag: Produzenten sollten eine Selbstverpflichtungserklärung abgeben, in der sie sich ausdrücklich zu geltenden Tarifen, Bestimmungen und Gesetze bekennen. Bei Zuwiderhandlung drohen empfindliche Sanktionen.



Degeto führt Frauenquote ein.
Eine positive Meldung können zum Schluss doch noch vermelden. Die Degeto Film GmbH, die gemeinsame Filmeinkaufsorganisation der ARD, einem der größten Auftraggeber im deutschen Fernsehen, hat eine Selbstverpflichtungserklärung, abgegeben, die heute, den 1. August 2015 in Kraft tritt.

Auf Initiative der vor einem Jahr gegründeten "Pro Quote Regie", führt Degeto-Chefin Christine Strobl eine Quote für Regisseurinnen ein, die zunächst auf drei Jahre angelegt wurde. Sie solle dafür sorgen, dass künftig bei 20 Prozent der Produktionen, die im Auftrag oder unter Beteiligung der Degeto entstehen, Regisseurinnen zum Zug kommen. Strobel will damit in der Branche, bei Produzenten und in den Redaktionen für ein "verändertes Bewusstsein" sorgen, teilte sie der "FAZ" mit.

"Pro Quote Regie" hatte im vergangenen Jahr Zahlen vorgelegt, denen zufolge bei fiktionalen Produktionen von ARD und ZDF lediglich elf Prozent von Regisseurinnen inszeniert werden, während knapp 50 Prozent der Absolventen eines Regiejahrgangs an den Filmhochschulen Frauen sind.

ZDF passt Verwertungsmodelle der digitalen Welt an.
Beim Zweiten Deutsche Fernsehen (ZDF) konnte zudem die Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen (Produzentenallianz) eine Ergänzungsvereinbarung zu den VoD-Erlösen aushandeln. Eine Beteiligung in Höhe von 16% an erzielten Bruttoerlösen gilt nunmehr nicht nur bei der Verwertung im Ausland, sondern auch im inländischen Video-on-Demand-Bereich. Die Verwertungserlöse gelten rückwirkend ab dem Jahr 2013 und laufen bis Ende 2016.

ZDF-Intendant Dr. Thomas Bellut bestätigt: „Es ist sinnvoll und notwendig, die Erlösbeteiligung der Produzenten den neuen Verwertungsmodellen der digitalen Welt anzupassen, zumal unsere Tochter ZDF Enterprises auch dort einen exzellenten Job macht.“

Quellen: ARD | Blickpunkt:Film | FAZ | Produzentenallianz

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