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Dokumentarfilmer plädiert für mehr Hintergrundberichte zur Primetime

Stephan Lamby wünscht sich zur Primetime im Fernsehen mehr journalistische Unabhängigkeit.



AG DOK-Vorsitzender Thomas Frickel kritisiert in der FAZ uferlose unbezahlte Mediathekenangebote. Dass das Rundfunksystem modernisiert werden muss ist auch einigen Politikern klar.

Schon seit längerem beschäftigt sich deshalb eine Länderkommission auf Staatssekretärsebene mit Auftrag und Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland.

Die Ministerpräsidentenkonferenz beschloss jedoch trotz Bedenken die Ausweitung der Mediatheken - zulasten der audiovisuellen Kultur- und Kreativwirtschaft, während das lineare Fernsehen weiterhin auf Kontinuität statt Weiterentwicklung setzt, was nicht zuletzt der Tatsache geschuldet ist, dass das Durchschnittsalter der Zuschauer des ersten Programms der ARD bei 61 Jahren angelangt ist.

Auch der Branchendienst "promedia" griff die aktuelle Debatte auf und lässt unter dem Titel "Das Rundfunksystem modernisieren" kein gutes Haar am öffentlich-rechtlichen System.

In der Branche der Dokumentarfilmer herrscht nämlich Missmut. Deren Format spiele im Fernsehen eine untergeordnete Rolle, beklagen sie. Lange Dokumentationen würden zu spät und zu selten gesendet. Respekt und Anerkennung seitens der Sender fehlten, die Bezahlung sei schlecht. Das Erste hält aktuell zwölf Sendeplätze pro Jahr für lange Dokus bereit, hinzu kommen Sonderprogrammierungen sowie Sendeplätze in den Dritten Programmen.

Im ZDF sieht es noch düsterer aus: Neben dem „kleinen Fernsehspiel“ mit zehn Dokumentarfilmen im Jahr gibt es aktuell keinen Sendeplatz für lange Dokumentationen. Deshalb trafen sich Verantwortliche von ARD und ZDF mit Dokumentarfilmern zu einer Diskussionsrunde des Grimme-Instituts, um – wieder einmal – über den Ernst der Lage zu sprechen, denn passiert ist bisher leider gar nichts.

Professor Paul Kirchhof, Verfassungs- und Steuerrechtler an der Universität Heidelberg hat in seinem Gutachten zur Begründung der Haushaltsabgabe ausdrücklich verlangt, „dass sich das Programm an publizistischen Zielen, insbesondere an dem der Vielfalt orientiert, und zwar unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen“. Die Ablehnung des Quotendenkens hat Kirchhof in seinem Gutachten wiederholt ausformuliert – verbunden mit der Forderung nach Vielfalt oder Identifizierbarkeit öffentlich-rechtlicher Programme.


AG DOK fordert den Dokumentarfilm zurück ins Hauptprogramm.

Parallel zum Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm (DOK Leipzig) fand Anfang November 2018 zum dritten Mal die ARD-Programmwerkstatt mit reger Beteiligung statt. Laut Einschätzung des Grimme Instituts und der DOK Leipzig Jury, die jährlich immerhin 400 bis 500 dokumentarische Produktionen sichtet und so einen recht guten Überblick über das Programmangebot hat, nehmen Formatierung und thematische Einfalt nehmen zu, die immer gleiche Dramaturgie verschmelze zu einer „immer gleichen Soße“. Gute Filme hingegen würden zu wenig beworben und im Programm versteckt. Die Innovation hat offensichtlich keine Heimat im Ersten.

„Aber man muss auch mal eine schlechte Quote um 20:15 Uhr aushalten“, so die einhellige Meinung.


Andere Diskussionsrunden beschäftigten sich hingegen damit, wie Bestehendes weiterentwickelt werden kann. Wie kann das Dokumentarische primetimefähig werden, fragte sich zum Beispiel ein Werkstattgespräch unter Leitung von Stefan Lamby und ARD-Chefredakteur Rainald Becker, und eine andere Diskussionsrunde, angeleitet von Susanne Stenner und Silvia Weihermüller widmete sich dem Entwicklungspotenzial crossmedialer Produktionen und verbreitete eine so euphorische Aufbruchstimmung, dass am Ende der allgemeine Wunsch nach einem weiteren intensiven Workshop speziell zu diesem Thema stand.

Dokumentarfilmer Stephan Lamby plädiert für mehr Hintergrundberichte im aktuellen Journalismus - auch zur Primetime im Fernsehen. "Bürger können so das Prozesshafte von Politik nachvollziehen. Das ist wichtig für eine Demokratie."


Lamby macht seit Jahren politische Dokumentationen, häufig mit Langzeitbeobachtungen, und hat mit mehreren großen Filmen in den vergangenen 12 Monaten Zuschauer und Kritiker begeistert. Dazu zählen "Bimbes - die schwarzen Kassen des Helmut Kohl", dessen Trailer wir hier eingebunden haben:



und "Im Labyrinth der Macht" über die langwierige Regierungsbildung, der als komplette Doku auf YouTube vorliegt.



Eine rund 100-köpfige Jury der Fachzeitschrift "medium magazin" hat ihn deshalb zum "Journalist des Jahres 2018" gewählt.

"Bei guten Filmen entsteht die Aussage zunächst nur durch filmische Mittel: Kamera, Licht, Montage, Musik, kein Text. Der Zuschauer fühlt sich so weniger bevormundet", sagt er im Interview mit "medium magazin" - Autorin Anne Haeming.


Journalisten müssen unabhängig sein, dürfen keinem Lobbyverein angehören.

Nachdem ein mehrfach preisgekrönter Journalist des Magazins »Spiegel« kürzlich aufgeflogen ist, weil er "in großem Umfang Geschichten gefälscht und Protagonisten erfunden" habe, stellt sich die Frage, wie die Öffentlichkeit mit dem Vorfall umgeht. Von vermeintlichen "Fake News" in bisher als seriös geglaubten Magazinen und Zeitungen ist bereits die Rede, obwohl jeder weiß, dass sogenannte "alternative Fakten" ein Ausspruch von US-Präsident Trump sind, dessen Twitter Mitteilungen viel eher ins Reich der Legenden gehören.

Deshalb ist dem Chef von ECO Media und dbate.de politische Unabhängigkeit für seine Arbeit sehr wichtig. Die TV-Produktions GmbH hatte im Auftrag des WDR für Das Erste eine Doku über die drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz hergestellt. Das Autorenteam Stephan Lamby, Nils Casjens, Maik Gizinski und Frank Zintner beobachten den Machtkampf in der CDU aus der Nähe.

"Mit einer parteipolitischen Bindung Journalismus zu machen, widerspricht mir zutiefst, bis heute. Ein Journalist, der über Politik berichtet, sollte in keiner Partei sein, ein Wirtschaftsjournalist sollte auch keine Aktien des Unternehmens besitzen, über das er schreibt, und ein Sportjournalist sollte nicht Mitglied des Fußballvereins sein, dessen Spiele er kommentiert", so der Chef von ECO Media.


Link: agdok.de
Quellen: AG DOK | Tagesspiegel | Medium Magazin | pro media | Presseportal by dpa





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