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Kritik am deutschen Filmerbe - Ehrung für Martin Scorsese in den USA

Martin Scorsese wurde für Engagement um Filmerbe geehrt.



Martin Scorsese erhielt am 26. April 2018 als erste Persönlichkeit den neu ins Leben gerufenen Robert Osborne Award des TCM Classic Film Festivals.

Festivalveranstalter Turner Classic Movies erklärte, dass der nach dem verstorbenen Moderator und Filmhistoriker benannte Preis künftig jährlich an eine Person verliehen werden soll, die sich für den Erhalt von Filmklassikern einsetzt und stark macht.

Scorsese hat die neue Auszeichnung für sein Engagement mit der von ihm vor 28 Jahren gegründeten, ehrenamtlich tätigen Film Foundation, die bereits über 800 Filme restauriert hat, zur Festivaleröffnung im TCL Chinese Theatre in Hollywood in Empfang genommen.

Das TCM Classic Film Festival findet vom 26.-29. April 2018 statt.

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In Deutschland hat die Filmförderungsanstalt in Berlin (FFA) sich den Aufruf von Kulturstaatsministerin Monika Grütters zu Herzen genommen und die Mittel für das Filmerbe erhöht, wie wir am 26. Februar 2018 berichteten.

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Allerdings hat kurz darauf der von uns schon mehrfach zitierte Klaus Kreimeier in einer Erklärung auf seiner Homepage »FILMERBE in GEFAHR« nochmals an die Defizite erinnert, die auch unter einer neuen Regierung dringend der Bearbeitung harren.

Seine Initiative "Filmerbe in Gefahr" ist mit soviel vornehmer Zurückhaltung der Regierung des im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vereinbarten Passus' nicht einverstanden, denn die dort erwähnte Stellungnahme zur Frage der Digitalisierung und Langzeitarchivierung unseres Filmerbes ist von einer so mageren Aussagekraft, dass man den Eindruck gewinnt, die Autoren können darüber nicht sprechen, sondern wollen zum Thema schweigen.


Magere Verwaltungsprosa
Initiative „Filmerbe in Gefahr“ kritisiert Aussage zum Filmerbe im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD

1. März 2017. – Mit einem einzigen dünnen Satz speisen CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag vom 7. Februar 2018 die Sicherung des Filmerbes ab: „Das Förderkonzept zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes setzen wir gemeinsam mit den Ländern und der Filmwirtschaft zügig um.“

Das ist weder ein neuer Aufbruch noch eine neue Dynamik, wie es die Überschriften des Vertrags verheißen, sondern nur ein ideen- und kraftloses „weiter so“. Schlimmer noch: Der neue Koalitionsvertrag markiert einen deutlichen Rückschritt im Vergleich zum Koalitionsvertrag von 2013!

• Kein Bekenntnis mehr zur dauerhaften Sicherung des nationalen Filmerbes.
• Kein Bekenntnis mehr dazu, dass das Filmerbe auch im digitalen Zeitalter sichtbar bleiben muss.
• Kein Bekenntnis mehr zur Stärkung der Stiftung Deutsche Kinemathek.
• Kein Bekenntnis mehr zur personellen und finanziellen Stärkung des Bundesarchivs.

Die vollständige und rasche Umsetzung der von der vorherigen Bundesregierung auf den Weg gebrachten Digitalisierungsinitiative war das Mindeste, was man von einer neuen Regierung erwarten konnte. Die Bundesbeauftrage für Kultur und Medien, Monika Grütters, hat ihren Anteil am Gesamtvolumen von jährlich 10 Millionen Euro bereits ebenso eingebracht wie die Filmwirtschaft; nach und nach steuern auch die Länder ihren Anteil bei. Mit diesen Geldern werden die chronisch unterfinanzierten Filmerbeeinrichtungen erstmals größere Mittel zur Digitalisierung ausgewählter Bestände zur Verfügung haben: Das ist unbedingt zu begrüßen.

Dass sich eine neue Bundesregierung aber auf diesen Lorbeeren ausruhen will und keine neue Ideen vorlegt, ist umso beschämender, als die Probleme bekannt sind:

• Die mit den Mitteln der Digitalisierungsinitiative hergestellten Digitalisate sind Benutzerstücke und nicht für eine Langzeitarchivierung geeignet.

• Es fehlt ein Konzept, wie die digitalen Benutzerkopien im Kino, auf Internet-Plattformen wie Filmportal.de, der Deutschen Digitalen Bibliothek und europeana oder auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können.

• Es fehlt der Wille, die Jahresetats der Filmerbeeinrichtungen deutlich aufzustocken, damit sie das Filmerbe archivarisch so sichern können, dass es ohne Verluste auf künftige Generationen übergehen kann.

• Es fehlt nicht zuletzt das Bewusstsein dafür, dass für die physische Bewahrung unseres Filmerbes die Digitalisierung allein keine Lösung sein kann, sondern mit der Sicherung und Pflege der analogen Bestände auf einem zukunftsfesten Trägermaterial einhergehen muss.

Unsere Übersicht zum Stand der Digitalisierung von Januar dieses Jahres ergab, dass zuletzt bei der Herstellung von DCPs für den Kinoeinsatz nur geringe, bei der Online-Stellung dagegen fast gar keine Fortschritte erzielt wurden. Die Sicherung des Filmerbes einerseits und seine Zugänglichkeit andererseits kosten Geld: Offenbar will die neue Bundesregierung die Sicherung des Filmerbes nicht als Zukunftsinvestition, sondern als lästige Ausgabe betrachten.

Von Politikern ist gewiss kein Fachdenken zu verlangen – durchaus aber ein Bewusstsein für das Problem und eine Haltung, die der Fachwelt und ihren Akteuren Mut macht, anstatt sie mit magerer Verwaltungsprosa abzuspeisen.

Jeanpaul Goergen
Klaus Kreimeier


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Während man sich um das zu langsame Vorgehen beim Filmerbe streitet, schafft der Bayerische Rundfunk (BR) Fakten und vergab einen 10-Jahre-Großauftrag zur Digitalisierung an Studio Hamburg. Ziel des BR ist es, das gesamte Filmarchiv zu digitalisieren, langfristig zu sichern und die Nutzbarkeit zu verbessern.

Bei einem europaweiten und mehrstufigen Ausschreibungsverfahren sicherte sich die Studio Hamburg Postproduction bereits Ende 2017 den Zuschlag für drei von vier Leistungspaketen. Für die Digitalisierung von rund 9.000 Stunden an Filmmaterial aus dem Filmarchiv des Bayerischen Rundfunks wurde der Standort Hamburg mit einem 4k Filmscanner, dem dft Scanity HDR mit Wet-Gate-Technologie für 16-mm und 35-mm-Filme sowie mit einem High Performance Storage der Firma Quantum mit einer Kapazität von rund 500 Terabyte ausgestattet.

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Sony hat derweil auf der NAB Show, der Broadcast Messe in Las Vegas, Neuheiten veröffentlicht und empfiehlt ODA. Das Optical Disc Archive kennt keinen Verfall. Einmal gespeichert hält es garantiert ein Leben lang, sodass auch keine Migration d.h. ein Umkopieren zur Datensicherheit mehr nötig sein wird.


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