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Während goEAST in Wiesbaden startete, vergab ACHTUNG Berlin seine Preise

Vom »new berlin film award« zum Schauplatz für das Kino aus Mittel- und Osteuropa.



Vom 11. bis 18. April 2018 fand die 14. Ausgabe des "achtung berlin - new berlin film award" an insgesamt 11 Spielstätten unter reger Publikumsbeteiligung statt. Viele Vorstellungen waren restlos ausverkauft - manchmal mussten sogar extra noch Stühle in das Kino reingeräumt werden, um der Nachfrage zu genügen.

Das Interesse scheint also ungebrochen zu ein. Allerdings ist der Besuch von Kinovorstellungen oft wetterabhängig. Das schöne Frühlingswetter in Berlin führte aber dazu, dass vornehmlich junge Leute vor und nach den Kinovorstellungen vor den Filmtheatern über das gemeinsam Gesehene weiter diskutierten.

Dieser Trend ist vor allem bei Festivals zu beobachten, und dürfte sich beim goEAST Festival in Wiesbaden, das quasi im Anschluss an das Berliner Festival vom 18.-24. April 2018 mit brandneuen Filmen aus Mittel- und Osteuropa dieser Tage im Herzen Deutschlands ebenfalls Kinobegeisterte vor die Leinwand locken wird, fortsetzen. Veranstaltet wird es vom Deutschen Filminstitut in Frankfurt/Main.

Getrübt wird der Trend nur durch stagnierende Besucherzahlen beim üblichen Mainstream-Kino. Vor allem Multiplex-Theater hätten sich einen besseren Jahresstart erhofft. Dafür hat aber der deutsche Home-Entertainment-Markt für Filme und TV-Serien auf DVD, Blu-ray, EST oder über Video-on-Demand-Dienste mittlerweile stark angezogen und im letzten Jahr das zweitbeste Ergebnis seit Erfassung der Marktdaten erzielt, wie die Filmförderungsanstalt (FFA) gestern mittgeteilte.

Zumindest gibt dies Hoffnung, dass auch die Gewinner des achtung berlin - new berlin film award, ihr Publikum entweder im Kino oder zu Hause vor dem großen Flachbildschirm erreichen werden.

Hier die Gewinner:

Nachfolgend die wichtigsten Preisträger*Innen und Jurybegründungen des 14. achtung berlin – new berlin film award in den einzelnen Kategorien:

Bester Spielfilm dotiert mit 3.000,- € sowie der Preis für die beste schauspielerische Leistung an EVA LÖBAU und eine lobende Erwähnung für das Drehbuch:
"REISE NACH JERUSALEM" von Lucia Chiarla.
Hier der Trailer:



Begründung der Jury Spielfilm:
"Die Vergabe des Preises für den besten Film ist uns als Jury eine Herzensangelegenheit, wie es der Regisseurin von REISE NACH JERUSALEM und ihrem gesamten Team wohl eine Herzensangelegenheit war, genau diesen Film zu machen und diese Geschichte zu erzählen, die wir in ihrer Konsequenz so noch nie gesehen haben. Reise nach Jerusalem ist ein gut beobachteter, aus dem Leben gegriffener, emotional inszenierter und absolut uneitler Film, der einen zwischen Lachen und Weinen auch nach Verlassen des Kinos noch nicht entlässt. Dem Film gelingt die Gratwanderung ein dringliches Problem in unserer Gesellschaft leichtfüßig und mit viel Humor so aufzugreifen, dass man sich als Zuschauer ganz darauf einlässt. Wir wurden unterhalten und gleichermaßen zum Nachdenken herausgefordert und gratulieren Lucia Chiarla und ihrem gesamten Team zu diesem tollen Film."


Bester Dokumentarfilm dotiert mit einem Sachpreis fürs Grading im Wert von 5.000,- €:
"KOLYMA - STRASSE DER KNOCHEN" von Stanislaw Mucha.
Hier der Trailer:



Begründung der Jury Dokumentarfilm:
"Der Film nimmt uns mit auf eine Reise entlang der Fernstraße Kolyma, 2000 km von Magadan bis ins tiefste Sibirien – eine unwirtliche und lebensfeindliche Gegend, auf der ein kollektives Trauma lastet. Humorvoll trifft Stanislaw Mucha auf die grausamen, skurrilen und spannenden Geschichten dieser entlegenen Region und ihrer Bewohner. Vor unseren Augen entblättert sich ein Kaleidoskop unterschiedlichster Schicksale, die uns vereinnahmen und unter die Haut gehen. Ohne das Grauen direkt zu zeigen, hinterlassen die Erzählungen über die Verbrechen ein eindringliches Bild im Kopf der Zuschauer. Es geht um die Vernichtung von Millionen, deren Spuren langsam verschwinden. Stanislaw Mucha gelingt es mit charmanter Penetranz, eine Atmosphäre zu schaffen, die es den Menschen ermöglicht, über lang Verdrängtes zu sprechen und aus sich herauszukommen. Welchen Menschen gelingt es, in dieser Region zu überleben? Wie überstehen sie die harten Bedingungen? Was charakterisiert die Menschen 32 Jahre nach der Perestroika? Mit seinem vorurteilsfreien, wahrhaftigen Blick auf die Menschen, zeigt uns Mucha eine schwer zugängliche Kultur, ja, die Seele eines entlegenen Landstriches."


Eine Lobende Erwähnung geht an den DOK-Film:
"FAREWELL HALONG" von Duc Ngo Ngoc.
Hier der Trailer:



Begründung der Jury Dokumentarfilm:
"Der Film FAREWELL HALONG erlaubt uns einen ungewöhnlich nahen Einblick in die Welt der Familie Van Coung, die ihr Heim auf dem Wasser verlassen muss, um das fluorierende Geschäft mit den Touristen nicht weiter zu stören. Farewell Halong erzählt auf eine unaufdringliche und doch intensive Weise die großen Probleme der Welt im Kleinen: Verdrängung der Armen, Umweltverschmutzung, Perspektivlosigkeit und die Folgen des Massentourismus. Der Regisseur Duc Ngo Ngoc konzentriert sich nicht nur auf die Räumungsaktion des schwimmenden Dorfes, sondern erlaubt uns einen intimen und vielschichtigen Einblick in die Beziehungen einer Familie, die versucht ein kleines Glück zu finden und zu halten. Wir erleben, dass Modernisierung und ein besserer Lebensstandard nicht unbedingt zu einem glücklicheren Leben führen. Duc ist ein vielschichtiges und sensibles Porträt einer Familie gelungen, eine Elegie über die Unmöglichkeit eines erzwungenen Neuanfangs."


Bestes Drehbuch dotiert mit einem Preisgeld von 2.000,- € in bar
"ZWEI IM FALSCHEN FILM" von Laura Lackman, Drehbuch & Regie.
Hier der Trailer:



Begründung der Jury Drehbuch:
„Komik ist Wahrheit und Schmerz.“ (John Vorhaus)
"Jeder Drehbuchpreis ist aus zwei Gründen eine hocherfreuliche Angelegenheit: Er richtet den Scheinwerfer auf das geschriebene Wort – also auf den Film, der stets vor dem Film ist. Und er belohnt diejenigen, die diesem Film auf dem Papier zu einer ersten Wirklichkeit verhelfen, ohne Kalkulation, Disposition oder marktstrategisches Denken; dafür aber mit vollem Bewusstsein, aller thematischen Tiefe und einer visionären Kraft, die dem fertigen Film als Gesamtkunstwerk in nichts nachstehen muss. Wir zeichnen das Drehbuch von Laura Lackmann aus, weil uns diese visionäre Kraft auf jeder Seite anspricht: mit Dialogen, die das Thema des Films bis zur untersten Schicht des Bodensatzes ergründen; mit einem Ensemble, das gekonnt und mit vollem Bewusstsein zwischen Realität und Überzeichnung changiert; mit Figuren, die die Autorinnenvision vom verlorenen Blick bis zur exaltierten Gefühlsexplosion ein zweites Mal – im zweiten Film – lebendig werden lassen. Vor allem aber – und im Unterschied zu vielem, was in Deutschland als Komödie verkauft wird – hat Laura Lackmann verstanden, wie Komik funktioniert. Komik ist Wahrheit und Schmerz – Zwei im falschen Film bringt uns zum Lachen über Dinge, die eigentlich zum Heulen sind. Davor verbeugen wir uns – und dafür sagen wir: Danke!"


Beste Produktion dotiert mit einem Sachpreis im Wert von 3.000,- € wie Tonmischung, Schnitt und Colour Grading sowie Auszeichnung für den Besten Schauspieler an JONAS DASSLER dotiert mit 750,- € in bar.
"LOMO - THE LANGUAGE OF MANY OTHERS" von Julia Langhof.
Produktion: Martin Heisler & Eva Kemme (FLARE FILM)
Hier der Trailer:



Begründung der Jury Spielfilm:
"Die Produzenten eines Films ermöglichen ihn. Sie tun dies im besten Fall nicht nur finanziell oder weil sie ihr Talent für Organisation einbringen. Nein, sie sind oft bereits schon früh in die Drehbuchentwicklung involviert, nutzen Gespür und Erfahrung, um das Projekt an die passenden Partner heran zu tragen und sind maßgeblich an der Findung eines möglichst harmonischen und das Projekt kreativ unterstützenden Teams und Casts beteiligt. Sie achten im besten Fall darauf, den Regisseuren während des Drehs mit nötigem Freiraum den finanziellen und zeitlichen Rahmen zu halten und das Projekt zu schützen. Sie unterstützen die Handschrift und das Gespür der Regisseurin/des Regisseurs in den Postproduktionsvorgängen, um dann einen möglichst runden und außergewöhnlichen Film in der passenden Form an die Öffentlichkeit zu tragen. Das ist oft ein langer Weg, der Kraft, Weitsicht und Ausdauer verlangt. Martin Heisler von Flare Film, Eva Kemme von Basis Berlin und ihre Teams scheinen diese Qualitäten bei LOMO durchweg und herausragend gut eingebracht zu haben. Wir sind beeindruckt von der sogartigen, mit eigener Bildsprache überraschenden, intensiven, künstlerisch und qualitativ hochwertigen Wirkung ihrer Produktion LOMO und gratulieren herzlich dazu."


Beste Regie ausgezeichnet mit einem Technikgutschein für die Anmietung von digitaler Kameratechnik bis 2.000,- €.
"SARAH JOUE UN LOUP-GAROU" ("Sarah spielt einen Werwolf") von Katharina Wyss. Hier der Trailer:



Begründung der Jury Spielfilm:
"In Sarah joue un loup-garou begibt sich Katharina Wyss gemeinsam mit ihren Schauspielern und ihrem Kameramann Armin Dierolf auf eine filmische Reise mit klarem Konzept und Mut zum freien Fall. Sie sucht nach einem Weg, der im Kino noch nicht begangen wurde. Sie geht dabei über Grenzen und bleibt trotzdem bei sich. Konsequent entwickelt sie Schritt für Schritt ein starkes Stück Kino, einzigartig und überzeugend. Der New Berlin Film Award Beste Regie geht an Katharina Wyss für ihr unter die Haut gehendes Spielfilmdebüt Sarah joue un loup-garou."


Beste Kamera ausgezeichnet mit ‚One Good Shot’ im Wert von bis zu 3.000,- €.
"KINDSEIN - ICH SEHE WAS, WAS DU NICHT SIEHST!" von Lilian Nix, Regie & Kamera. Hier ein Ausschnitt:



Begründung der Jury Dokumentarfilm:
"Die geballte Kraft kindlicher Lebensfreude strotzt aus den Bildern, mit denen uns Lilian Nix in die Welten von vier Kindern entführt. In die Eintönigkeit von Berlin-Marzahn; die bunten, vom Zahn der Zeit zerfressenen Fassaden von Havanna; in meterhohe Müllberge im Slum von Mumbai und eine winzige Ein-Zimmer-Wohnung in Tokio. Stets auf Augenhöhe, einfühlsam und liebevoll kommen wir ihren Protagonisten nahe, erfahren ihre Gedanken, Träume und Ängste. Lilian Nix lässt uns durch ihre bemerkenswerte, konsequente und originelle Kameraarbeit für die Dauer des Films in diese Welt der Kinder eintauchen. Erwachsene bleiben angeschnitten oder außen vor. Die Welt der Kinder und ihre Wahrnehmung steht im Vordergrund, fast als hätten sie ihre eigene kleine Welt, in die die Kamera eingeladen wird. Lilian Nix schenkt uns Bilderwelten und Situationen voller Magie, Farben und Humor, an denen man sich kaum satt sehen kann."


Bester Mittellanger Film:
"ES IST EGAL, ABER..." von Christoph Ischinger

Eine Lobende Erwähnung in der Kategorie Mittellanger Film erhielt:
"VERAO SATURNO" von Mónica Lima

Bester Kurzfilm:
"RIEN NE VA PLUS" von Sophie Linnenbaum

Mutigster Kurzfilm
"WAS WIR WISSEN" von Lotta Schwerk

Bester Kurzer Dokumentarfilm:
"ANDERSWO" von Adrian Figueroa

Lobende Erwähnung für kurzen DOK-Film
"JOE BOOTS" von Florian Baron

Preis der Ökumenischen Jury:
"DIE NEUEN KINDER VON GOLZOW" von Simone Catharina Gaul.
Hier der Trailer:



Begründung der Ökumenischen Jury:
"Home is where the heart is – doch was ist, wenn das Herz nicht dort ankommt, wo du gut empfangen wirst, sondern dort bleibt, wohin du nicht zurückkehren kannst? Simone Catharina Gaul gelingt mit Die neuen Kinder von Golzow ein liebevolles und gleichermaßen unaufgeregtes Porträt einer syrischen Familie, die im verschlafenen Dorf Golzow im Oderbruchgebiet eine neue Heimat zu finden versucht – eine Heimat, die sie ohne den schrecklichen Krieg so nicht gesucht hätte. Der Film reflektiert aber auch ausgewogen und authentisch, dass um das Verständnis von „Heimat“ nicht nur die sogenannten Gutmenschen mit Willkommensfesten und Schrebergartenanträgen auf der einen Seite und die vielzitierten Wutbürger mit Mistgabeln und Fackeln auf der anderen Seite ringen. Und dass diejenigen, die sehr wohl anerkennen, dass ohne die Neuankömmlinge aus Syrien ihre aus den DEFA-Filmen bekannte Schule hätte geschlossen werden müssen, ihre Zweifel haben, ob ihr Integrationswille auch für 80 junge, allein reisende Männer gereicht hätte. So wird deutlich, dass die unglaublich starke Protagonistin Halima und ihr Mann Fadi trotz ihrer vielen Unterstützer und Freunde am meisten darunter leiden, dass Golzow für sie niemals so sein wird wie ihre syrische Heimat, während ihre Kinder aber schon ganz selbstverständlich in der Jugendfeuerwehr des Dorfes mitmachen, eine Klasse überspringen oder Fangen auf Deutsch spielen. Wo also beginnt Heimat und wie viel meines Herzens muss schon dort sein? Die Ökumenische Jury zeichnet Gauls Dokumentarfilm aus, weil er nah an die Menschen in Golzow herankommt und eine Geschichte erzählt, die Partei ergreift für die unterschiedlichen Realitäten der alten und neuen Dorfbewohner und vor allem eines verdeutlicht: dass niemand Heimat, Zukunft und Hoffnung verwehren darf."


Preis des Verbands der deutschen Filmkritik (VdFK), undotiert.
"WER HAT EIGENTLICH DIE LIEBE ERFUNDEN" von Kerstin Polte.
Hier der Trailer:



Begründung der VDFK-Jury:
"Wenn ein Filmtitel eine Frage stellt, so will der Zuschauer natürlich eine Antwort darauf finden. Manchmal gibt der Film auch selbst die Antwort. In unserem Preisträgerfilm „Wer hat eigentlich die Liebe erfunden?“, den Kerstin Polte geschrieben und gedreht hat, stellt ein Kind diese Frage ziemlich am Ende der Story, als alle Verhältnisse aller Protagonisten zueinander ziemlich geklärt sind. So bleibt die Frage im Raum hängen, und der Zuschauer muß – ebenso wie das Kind – die Frage selbst beantworten. Immer dann, wenn man sich während des Films zurücklehnen und vielleicht mal wegnicken will wie im gängigen Mainstream-Kino, schnippst Kerstin Polte in ihre Drei-Generationen-Erzählung kleine, spitze, schrille, groteske, absurde, extravagante Filmsplitterchen. Die ironisieren und schrecken auf, kippen die Gelassenheit des Films ins Absurde und verfremden. Und gleichzeitig übersetzen sie das Innenleben der Figuren in fantasievolle Bilder, die uns mit hinein nehmen in die Welt der Träume und Gefühle. Sie laden uns außerdem ein, hinter die trügerische Fassade der Ratio zu schauen. Diese hübschen Störungen werden mit gesunder dramaturgischer Ökonomie und kontinuierlich wirklich über den ganzen Film verteilt (und nicht etwa nur an den Anfang gesetzt). Und da machen alle Gewerke mit: die Schauspielerinnen und Schauspieler sowieso, aber ebenso die Kamera, die Filmarchitektur, das Licht. Da ist ein vertrackter Humor am Werke, der nicht eben häufig im Kino anzutreffen ist. Und der wird nicht verbal vorgetragen, sondern er äußert sich durchweg mit filmischen Mitteln. In dieses Panorama passen auch skurrile Sonder-Figuren, wie jener liebe Gott mit Zottelbart, kleinem Bäuchlein und minimaler Handlungs-Funktion, vor allem aber - als deus ex LKW - die lächelnde Truckerfahrerin im Blaumann und mit einer furiosen Liebesszene im Sandstrand. Man sollte auch mal kreuz und quer leben, hat Polte gesagt, und mit ihrem Film dazu eingeladen. Die Suche nach einer Antwort auf die Film-Titel-Frage bleibt also einstweilen offen."


Link: achtungberlin.de


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