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Zwei Nachträge zu aktuell angelaufenen Filmen

Christian Petzolds Berlinale Beitrag "TRANSIT" und die US-Komödie "GRINGO" sind am 5. April in den Kinos gestartet.



"TRANSIT" Drama von Christian Petzold (Deutschland, Frankreich). Mit Franz Rogowski, Paula Beer, Godehard Giese u.a. seit 5. April 2018 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Christian Petzolds Film "TRANSIT" ist die lose Adaption eines Romans der Exilschriftstellerin Anna Seghers, eine Geschichte, über flüchtende Deutsche und Juden in Frankreich um 1940. Petzold hat sie nach Marseille in die Gegenwart verlagert.

Georg (Franz Rogowski) ist als politischer Flüchtling vor den Faschisten aus Deutschland abgehauen. In Paris fühlt er sich aber auch nicht sicher, sein nächstes Ziel ist Marseille. In der lichtdurchflutenden Stadt sieht man, wie er mit seinem Seesack über der Schulter durch die Straßen huscht. Er, ein Illegaler, im Gepäck die Hinterlassenschaft des Schriftstellers Weidel, der sich aus Angst vor den Verfolgern das Leben nahm: Ein Manuskript, zwei Briefe, einer von seiner Frau, die Weidel verlassen hat, indem sie ihn bittet nach Marseille zurückzukommen, im zweiten befinden sich die Ausreisepapiere des mexikanischen Konsulats. Als man ihn dort mit dem Dichter verwechselt, nimmt er spontan dessen Identität an. In Marseille darf nur derjenige bleiben, der beweisen kann, dass er auch wieder geht. Nun ist er einer von vielen, die sehnsüchtig darauf warten, endlich ausreisen zu dürfen. Lautes Stimmengewirr in den Fluren des Konsulats. Stimmen von all den Flüchtlingen, die auf ihre Schiffspassage warten. Ein Dirigent (Justus von Dohnáni), der sich vor der Sonne mit einem Strohhut schützt und bereits einen Arbeitsvertrag für Carcas mit sich führt.

Eine zurückhaltende Frau (Barbara Auer) mit zwei großen Hunden, von denen sie ziemlich genervt ist und die sie ihren Besitzern im Exil übergeben soll. Eine bildhübsche Frau, Marie (Paula Beer), die kurz auftaucht, wieder verschwindet, irgendwo in der Stadt wieder auftaucht und wieder irgendwohin verschwindet. Es ist Marie, die Frau des Schriftstellers, die nicht weiß, dass ihr Mann tot ist.

Georg kümmert sich um Driss, den kleinen Sohn seines Freundes Heinz, der die Zugfahrt von Paris nach Marseille nicht überlebt hat. Er spielt mit ihm Fußball, besucht ihn zu Hause, repariert sein Radio und singt ihm und seiner Mutter ein Lied aus seinen Kindertagen vor: „Kleiner Bär kommt nach Haus”¦ Schmetterling kommt nach Haus”¦ Kabeljau schwimmt nach Haus”¦ Ameise rast nach Haus”¦".

Georg hat die Transitpapiere, nicht nur für sich, auch für seine Frau Marie erhalten. Jetzt erklärt sich auch warum sie suchend durchs Konsulat läuft, in Pizzerien nach ihm Ausschau hält, in Bars nach ihm kuckt. Ständig erzählt man ihr, ihren Mann hier und dort gesehen zu haben.

Inzwischen haben sich Marie und Georg getroffen. Der verliebte Georg erzählt ihr nicht die Wahrheit. Noch träumt er davon, mit der geheimnisvollen Frau gemeinsam das Land zu verlassen. Der Abschied von dem kleinen Driss (Lilien Batman) und dessen Mutter Melissa (Maryam Zaree) die im maghrebinischen Viertel der Hafenstadt wohnen, fällt ihm schwer. Auch sie sind Illegale, doch ohne den Schutz der europäischen Bürokratie. Für sie gibt es nur den gefährlichen Fluchtweg über die Pyrenäen. Als sich Georg verabschieden will, sind sie nicht mehr da. Marie, die eigentlich vorhatte, mit ihrem Freund Richard, der ein Visum nach Amerika in der Tasche hat, zu fliehen, geht nicht mit. Ihre Hoffnung, ihren Mann wiederzusehen ist stärker, als die ungewisse Zukunft an der Seite eines Fremden.

Die Stadt Marseille sieht aus wie heute, nur ohne Handys, Computer und Laptops, ein zeitliches Niemandsland. Die Flüchtlinge könnten aus Seghers Roman entsprungen sein aber genauso, Flüchtende von heute sein. Fast wie Gespenster bewegen sich die Flüchtlinge durch den Film, getrieben von dem Gedanken: Bleiben oder gehen.

Einer der Wartenden sagt den traurigen Satz: „Man mag das Glück der anderen nicht, wenn man selbst vom Unglück betroffen ist“. Ein Hauch aus „Casablanca“ weht durch dieses Melodram.

Ulrike Schirm


Als einziger Neustart hat Christian Petzolds Berlinale-Hit "Transit" an seinem Startwochenende nicht nur den Sprung in die Top Ten der deutschen Arthouse-Kinocharts geschafft, sondern sogar die Führung der gemeinsam von comScore und der AG Kino - Gilde Deutscher Filmkunsttheater ermittelten Arthouse-Kinocharts übernommen und damit Steven Spielbergs "Die Verlegerin" nach sechs Wochen auf Platz zwei verdrängt.

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"GRINGO" Action-Komödie von Nash Edgerton (USA, Australien). Mit David Oyelowo, Charlize Theron, Joel Edgerton u.a. seit 5. April 2018 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Ein guter Cast sorgt nicht immer für einen guten Film.

Noch führt Harold (David Oyelowo) ein gutes Leben. Er ist Mitarbeiter bei einer Pharmafirma, die das ganz große Geschäft mit der Herstellung von künstlichen Marihuana-Produkten plant. Noch glaubt er, dass seine Chefs (Charlize Theron) und (Joel Edgerton) mit ihm zufrieden sind. Zuhause erwartet ihn seine bildhübsche Frau (Thandie Newton).

Bei einer Geschäftsreise nach Mexico erfährt er so ganz beiläufig, dass die Firma gewinnbringend verkauft werden soll und seine Arbeitskraft nicht mehr gebraucht wird. Als ihm dann auch noch seine Frau mitteilt, ihn zu verlassen und er noch feststellt, dass sie viel zu viel verpulvert hat, weiß sich der arme Kerl nicht mehr zu helfen. In seiner Verzweiflung plant er seine eigene Entführung, um seine Haut zu retten. Mit dem Lösegeld will er seine ruinöse finanzielle Lage in den Griff kriegen.

Natürlich geht die Sache schief. Plötzlich wird er von einem mexikanischen Drogenkartell gejagt, die es eigentlich auf seine undurchsichtigen Bosse abgesehen haben und die amerikanische Drogenfahndung hat er auch noch am Hals. Damit noch nicht genug, hetzt sein Boss dem Pechvogel auch noch seinen Bruder, einen Ex-Söldner hinterher, der ihn umbringen soll.

Es beginnt ein ziemlich wirres Katz und Mausspiel, indem jede Menge Nebenfiguren aufkreuzen, um die Handlung voranzutreiben. Die absurde Action-Komödie ist mit 111 Minuten zudem viel zu lang. Den Dialogen fehlt es an zündenden Pointen. Einziges Highlight ist Charlize Theron als bitterböse Bitch.

Darsteller Joel Edgerton bleibt in seiner Rolle arg eindimensional. Oyelowo, der für seine Rolle in „Selma“ für den Golden Globe nominiert war, kann diesen eher belanglosen Film auch nicht retten. Keine der Figuren kommt einem wirklich nah. Shalto Copley, als merkwürdiger Ex-Söldner, sorgt für einige skurrile Gags. Paris Jackson überrascht mit einem Kurzauftritt. Kaum hat man sie erkannt, ist sie auch schon wieder von der Bildfläche verschwunden. Regie führte Nash Edgerton, der Bruder von Joel.

Ulrike Schirm




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