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Unknown Pleasures #9 - American Independent Film Fest

Unknown Pleasures #9 im Kino Arsenal & im Wolf Kino Berlin-Neukölln.



Insgesamt sieben Ausgaben hatte Hannes Brühwiler mit seinem Film Festival UNKNOWN PLEASURES immer in der ersten Woche des Jahres im Kino Babylon präsentiert. Doch nach dem Januar 2015 war plötzlich Schluss mit den Vorführungen von American Independent Filmen.

Mittlerweile hatte sich herumgesprochen, dass die Konditionen des Kinos nicht mehr mit der gebotenen Leistung übereinstimmten. Auch andere Veranstalter und Festivals kehrten dem Kino Babylon in Berlin Mitte den Rücken.

Dennoch fiel die achte Ausgabe der UNKNOWN PLEASURES nicht aus. Allerdings konnte sie nicht mehr ab dem Neujahrstag stattfinden, sondern wurde im Juni 2016 ins Arsenal und ins IL Kino verlegt.

In diesem Jahr kehrt Hannes Brühwiler wieder in die kalte Jahreszeit zurück und präsentiert uns vom 12. bis 28. Januar 2018 mit seiner neunten Ausgabe wieder Independent Produktionen der letzten zwei Jahre im Kino Arsenal - Institut für Film und Videokunst und im schönen, neuen Kino Wolf in Neukölln.

Zur gleichen Zeit findet übrigens in den USA mit dem Sundance Film Festivals das wichtigste Independent Film Festival weltweit statt. Dass Hannes Brüwhiler aber in Berlin verweilt und nicht zum Festival in Park City gefahren ist, zeigt wie vernetzt die Welt geworden ist, sodass man auch von Ferne und mit Unterstützung der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika über die neuesten Trends informiert sein kann.

Das American Independent Film Fest Unknown Pleasures #9 blickt diesmal auf ein angespanntes Land mit Polarisierung, Zäsur und Fake News. Die Filme stehen im Zeichen des Umbruchs: Konzipiert in den letzten Monaten von Obamas Präsidentschaft, beendet nach der Wahl Trumps. Das Filmfest präsentiert eine Auswahl von aktuellen Filmen, die überraschende Sichtweisen eröffnen. Ausgezeichnet auf internationalen Festivals, sind fast alle Filme zum ersten Mal in Deutschland zu sehen.

Blickt man auf die Ereignisse der vergangenen Monate zurück, so erscheint es nur folgerichtig, dass ein Film im Zentrum von Unknown Pleasures #9 steht, der den Tag der Präsidentschaftswahl von 2016 dokumentiert. In "TONSLER PARK" von Kevin Jerome Everson sind Bilder eines Wahllokals zu sehen, das in einem überwiegend afroamerikanischen Quartier in Charlottesville, Virginia liegt. Seit der Premiere des Films hat sich dessen Rezeption verändert. Vergangenen Sommer war Charlottesville Schauplatz einer gewalttätigen Ausschreitung als bei einer White-Supremacy-Demonstration ein Auto in eine friedliche Gegendemonstration raste.

Unknown Pleasures #9 zeigt ein regionales Kino jenseits der Metropolen. Um Porträts, Erinnerungen, Familiengeschichten (als Horrortrip) oder Alltagvignetten geht es in den neuen Filmen von Stephen Cone, Michael Almereyda, Travis Wilkerson, Sean Baker, Kogonada, Aaron Katz und Dustin Guy Defa – und immer wieder auch um eine Unruhe, die sich in den Bildern versteckt. Von Menschen zu erzählen, bedeutet in diesen Filmen auch von ihrer Umgebung zu sprechen, von Landschaften und Städten, Straßen und Gebäuden.

Ebenfalls als Deutschlandpremiere wird Terrence Malicks Dokumentarfilm "VOYAGE OF TIME: LIFE’S JOURNEY" (USA/D 2016) über die Entstehung des Universums zu sehen sein. Hier der Trailer:



Zudem können im Kino Arsenal die Filmemacher Stephen Cone (am 12. Januar) und Aaron Katz (am 19. Januar) begrüßt werden.

Programm:

Fr 12.1., 20h, Eröffnung, zu Gast: Stephen Cone & So 28.1., 20h
"PRINCESS CYD" Stephen Cone USA 2017 OF 96‘

Acht Filme drehte Stephen Cone in den vergangenen zehn Jahren, die in ihrer Aufrichtigkeit (gegenüber den Figuren wie auch den Zuschauern), einem Gespür für Schauspieler*innen und nicht zuletzt wunderbaren Soundtracks an die Filme von Jonathan Demme erinnern. In seinem neuesten Film "PRINCESS CYD" besucht die 16-jährige Cyd ihre Tante Miranda in Chicago. Sie ist erfolgreiche Schriftstellerin, Single und lädt jede Woche Freunde ihres akademischen Zirkels ein. Cyd genießt die neue Umgebung und verliebt sich in eine junge Frau, die sie in einem Coffeeshop trifft. Am schönsten jedoch: Miranda und Cyd beginnen sich liebevoll herauszufordern, indem sie über ihre Vorstellungen von Sex, Erfolg und über das Leben ganz allgemein sprechen.

Sa 13.1., 19h & Di 23.1., 21h
"PERSON TO PERSON" Dustin Guy Defa USA 2017 OF 84‘

Wie hieß es am Ende der New-York-Hymne The Naked City (1948)? „There are eight million stories in the naked city. This has been one of them.“ Dustin Guy Defa folgt in seinem zweiten Spielfilm fünf Menschen durch die Großstadt und erweist sich dabei als meisterhafter Erzähler wunderschöner Vignetten: Eine junge Reporterin (Abbi Jacobson) soll reißerische Informationen zu einem Mordfall beschaffen und landet in einem Uhrengeschäft. Ein Vinylsammler, dem ein gefälschtes Original verkauft wird, hält dem Betrüger nach einer langen Verfolgungsjagd eine Lektion über seine Liebe zur Musik. „Defa schreibt wunderbar verkorkste Dialoge und hat ein Auge für die Vielfalt menschlicher Ausweichmanöver.“ (Dominik Kamalzadeh)

Sa 13.1., 21h & Do 25.1., 20h
"VOYAGE OF TIME: LIFE’S JOURNEY" Terrence Malick USA/D 2016 OF 90‘

Als Terrence Malicks "The Tree of Life" (2011) ins Kino kam, war das Erstaunen groß, als in der Mitte der Handlung der Film plötzlich einen Schritt zur Seite trat und die Entstehung unserer Erde erzählte. Ausgehend von dieser Sequenz hat Malick einen experimentell-essayistischen Dokumentarfilm gedreht. In spektakulären Bildern und begleitet von der Stimme Cate Blanchetts erzählt "VOYAGE OF TIME" die Geschichte unseres Universums, vom Urknall bis zum menschlich-urbanen Gewusel (und darüber hinaus). Ein Mammutprojekt, das nach jahrelangen Dreharbeiten nun endlich zum ersten Mal in Deutschland zu sehen sein wird.

So 14.1., 20h & Sa 20.1., 21h
"MARJORIE PRIME" Michael Almereyda USA 2017 OF 98‘

In der nahen Zukunft erwecken holografische Darstellungen verstorbene Menschen wieder zum (künstlichen) Leben. Sie lassen sich nach Wunsch programmieren. Welches Alter sollen sie haben? An was können sie sich erinnern? Und am wichtigsten: An was möchte man selbst erinnert werden? Auch die 86-jährige, an Alzheimer erkrankte Marjorie besitzt eine solche künstliche Intelligenz, die aussieht wie ihr verstorbener (und jung gebliebener) Ehemann Walter. Als Marjorie stirbt, lässt ihre Tochter Tess sie ebenso als Hologramm auferstehen. Michael Almereydas "MARJORIE PRIME" ist ein ruhiger und nachdenklicher Film, der an Andrej Tarkowskijs Solaris (1972) erinnert. Wie in Tarkowskijs Raumschiff werden hier die Menschen mit ihren Erinnerungen konfrontiert.

Di 16.1., 20h & Mi 24.1., 20h
"ESCAPES" Michael Almereyda USA 2016 OF 89‘

Man kennt Hampton Fancher als Autor von Blade Runner (1982) und Blade Runner 2049 (2017). Er war aber auch Schauspieler, Tänzer und Geschichtenerzähler. Michael Almereyda lässt ihn in "ESCAPES" ausführlich zu Wort kommen und seine Geschichte führt durch das Hollywood des 20. Jahrhunderts. Fancher begegnet uns als Schauspieler, Cowboy, Killer, Schlingel und ab und zu sogar als Held. Almereyda zitiert dabei ausgiebig die amerikanische Popkultur, Comics, alte Filme und vergessene Fernsehserien.

Do 18.1., 19h & Fr 26.1., 19h
"COLUMBUS" Kogonada USA 2017 OF 104‘

In den vergangenen Jahren sorgte Kogonada für Aufsehen mit seinen Video-Essays über Yasujiro Ozu, Richard Linklater oder den Neorealismus. Nun hat er seinen ersten Spielfilm gedreht. Eine Coming-of-age-Geschichte, dessen Setting die moderne und postmoderne Architektur von Columbus im Bundesstaat Indiana bildet. Die 19-jährige Casey pflegt ihre Mutter, die sich von ihrer Crack-Sucht erholt. Sie trifft auf Jin, einen südkoreanischen Übersetzer, der seinen todkranken Vater, einen ehemaligen Architekturprofessor, besucht. Gemeinsam streifen sie rauchend durch die Stadt.

Do 18.1., 21h
"THE FLORIDA PROJECT" Sean Baker USA 2017 OF 115‘

Seit 2000 drehte Sean Baker sechs Spielfilme, darunter die iPhone-Produktion Tangerine (2015). Immer wieder kreisen seine Filme um Außenseiter, die an den Rand der Gesellschaft gedrückt werden. In seinem neuesten Film "THE FLORIDA PROJECT" (das übrigens im November 2017 beim Weltfilmfestival "Around the World in 14 Films" in Berlin zum ersten Mal vorgestellt worden war) schlagen sich eine junge Mutter und ihre sechsjährige Tochter durchs Leben. Unterstützung erhalten sie vom Besitzer eines Motels, der ihrem alltäglichen Chaos nicht gleichgültig gegenübersteht.

Fr 19.1., 20h, zu Gast: Aaron Katz & Fr 26.1., 21h
"GEMINI" Aaron Katz USA 2017 OF 93‘

Los Angeles, die Stadt des Film noir: Jill ist die persönliche Assistentin einer aufstrebenden Schauspielerin. Eines Morgens liegt sie brutal ermordet in ihrer Wohnung und Jill wird zur Hauptverdächtigen. Als ihre Lage immer auswegloser wird, greift sie zu drastischen Maßnahmen. Aaron Katz’ Cold Weather (2010) war eine der schönsten Neu-Interpretationen der Sherlock-Holmes-Erzählung. "GEMINI" ist eine faszinierende Fortsetzung und Weitererzählung des mythischen Genres des LA-Thrillers und Katz beweist ein profundes Verständnis für dessen Konventionen. Unterlegt mit einem 90er Jahre Soundtrack erzählt Katz nebenbei auch viel über das heutige Los Angeles, über den Starkult, Paparazzis und Superfans.

So 21.1., 20h & Sa 27.1., 19.30h
"TONSLER PARK" Kevin Jerome Everson USA 2017 OF 80‘

Es ist der 8. November 2016 und Kevin Jerome Everson filmt in Charlottesville, Virginia, in einem Wahllokal, das in einem afroamerikanischen Viertel liegt. In langen Einstellungen und in 16-mm-Schwarzweiß zeigt er Menschen, die zur Wahl gehen, Wahlhelfer, die Auskunft geben, Stimmzettel entgegennehmen und Ausweise kontrollieren. Everson gehört zu den produktivsten Filmemachern der USA. In seinen unzähligen Kurz- und Langfilmen konzentriert er sich auf das Leben der afroamerikanischen Bevölkerung und deren Community. „What we witness, in short, is a white supremacist’s nightmare – aka American democracy in action.“ (Tony Pipolo)

Di 23.1., 19h & Sa 27.1., 21.15h
"DID YOU WONDER WHO FIRED THE GUN?" Travis Wilkerson USA 2017 OF 90‘

1946 erschoss S.E. Branch, Urgroßvater von Travis Wilkerson, Bill Spann, einen schwarzen Mann. Branch war ein weißer Rassist und lebte wie sein Opfer in einer Stadt in Alabama. Konsequenzen musste er keine befürchten. In seinem neuen Film begibt sich Wilkerson auf einen sprichwörtlichen Horrortrip. Er filmt das Lokal, in dem die Tat geschehen ist und trifft Menschen, die über den Rassismus sprechen, dem sie immer wieder ausgesetzt sind. „Seit 15 Jahren greift Travis Wilkerson in seinen politischen Filmen unablässig das Handeln des amerikanischen Herrschaftsgefüges an, doch noch nie hat er einen solch persönlichen Film gedreht.“ (Mark Peranson)

Texte: Hannes Brühwiler


Unknown Pleasures #9 findet auch im Kino Wolf statt. Hier das komplette Programm mit neuen und älteren Werken:

Sa 13.1., 19.30h zu Gast: Stephen Cone
"THE WISE KIDS" Stephen Cone USA 2011 OF 91’

Special Program: Stephen Cone
So 14.1., 18h zu Gast: Stephen Cone
"BLACK BOX" Stephen Cone USA 2013 OF 84’

Mo 15.1., 20h
"BEACH RATS" Eliza Hittman USA 2017 OF 95’

Di 16.1., 20h & Sa 20.1. 18h
"SYLVIO" Albert Birney, Kentucker Audley USA 2017 OF 80’

Jonathan Demme Tribute
Mi 17.1., 20h
"COUSIN BOBBY" Jonathan Demme USA 1992 OF 65’

Do 18.1., 20h & So 21.1., 16h
"DO DONKEYS ACT?" Ashley Sabin, David Redmon USA/UK 2017 OF 72’

So 21.1., 18h zu Gast: Kirk Kjeldsen (Autor und Produzent)
"GAVAGAI" Rob Tregenza NOR/CA/D/USA 2016 OF 90’

Link: www.unknownpleasures.de




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