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Neue Filme kommen immer Donnerstags ins Kino

Weitere Filmkritiken zu neuen Filmen im August.



Unsere letzten Filmkritiken hatten wir am 30. Juli 2017 veröffentlicht. Darunter waren Filme wie Christopher Nolans Kriegsdrama "Dunkirk", die bissige Satire "THE PARTY" von Sally Potter, das SciFi Abenteuer "VALERIAN – DIE STADT DER TAUSEND PLANETEN", der Aktion-Thriller "BABY DRIVER" und das politische Arthouse Drama um die ersten Frauenwahlrechte "Die göttliche Ordnung".

All diese Filme laufen natürlich immer noch mit großem Erfolg in den Berliner Kinos. Inzwischen sind neue hinzugekommen und morgen startet unsere besondere Empfehlung "Der Wein und der Wind", eine wunderbare französische Arthouse Komödie mit ein klein wenig Doku-Drama Touch, mit der wir heute unsere Besprechungen anfangen wollen.

"Der Wein und der Wind" von Cédric Klapisch.
Mit Pio Marmai, Ana Girardot, François Civil u.a.
ab 10. August 2017 im Kino. Hier der Trailer:



Isoldes Filmkritik:

Unter der Regie von Cedric Klapisch entstand ein Film, der am 10.8.17 zum gerade richtigen Zeitpunkt ins Kinos kommt, um unsere Sehnsucht nach einem Urlaub in Frankreichs berühmtester Weingegend, den Burgund - vielleicht bei und mit einem guten Glas Wein - zu stillen.

Es ist Spätsommer und die Weinernte steht bevor. Nach vielen Jahren kehrt der dreißigjährige Jean (Pio Marmai) nach vielen Jahren der 'Funkstille' auf das idyllische Familienweingut zurück. Sein Vater liegt im Sterben und seine Geschwister Juliette (Ana Girardot) und Jeremie (Francois Civil), die das Gut inzwischen aufrechterhalten haben, können jede Unterstützung gebrauchen. So wie sich jedes Erntejahr nach den Jahreszeiten richtet, erkennen die Geschwister, dass manch offene Wunden auch über die Jahre hinweg nicht heilen. Gemeinsam müssen sie entscheiden, ob die Familientradition weitergeführt werden soll oder jeder seinen eigenen Weg geht.

In eindrücklichen Bildern wird der Prozess der Weinherstellung vorgeführt. Verwoben mit der persönlichen Geschichte von Weinbauern, entsteht fast dokumentarisch genau zum einen die sinnliche Auseinandersetzung mit dem Wein - man spürt ihn förmlich auf der Zunge - und die ganz natürliche zwischen den Familienmitgliedern.

Bewegendes, französisches Erzählkino über die Kunst, das persönliche Glück zu finden - ein filmischer Hochgenuss!

Isolde Arnold


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Filme über Kunst und Künstler können ein Hochgenuss sein. Doch nachfolgendes Werk ist ein wenig zu langatmig geraten, sodass man irgendwann des Filmes überdrüssig wird. Besser als in Ulrikes Rezension hätten wir es auch nicht ausdrücken können, obwohl der Film im Wettbewerb der letzten 67. Berlinale lief; allerdings "Außer Konkurrenz".

"FINAL PORTRAIT" von Stanley Tucci.
Mit Geoffrey Rush, Armie Hammer, Tony Shalhoub u.a.
seit 3. August 2017 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Der Schweizer Künstler Alberto Giacometti (1901-1966) war einer der bedeutendsten Plastiker des 20. Jahrhunderts. Seine ausgemergelten Bronzefiguren, die an Strichmännchen erinnern, sind ein grosser Teil seines Schaffens, in denen er die Grundfragen der menschlichen Existenz zum Ausdruck bringt. Seine surrealistischen Plastiken und Zeichnungen sind geprägt von einem individuellen unverwechselbaren Stil.

Stanley Tucci hätte keinen besseren Protagonisten für die Rolle des kauzigen Künstlers finden können als Geoffrey Rush, der ihm erstaunlich ähnlich sieht. Giacometti bei seinem „Final Portrait“ zuzuschauen sprengt die Grenze zwischen Wahnsinn und Komödie. Ein Getriebener, hin- und hergerissen zwischen Perfektionismus und Launenhaftigkeit. Besonders zu spüren bekommt das ein junger amerikanischer Schriftsteller und Kunstliebhaber, James Lord (Armie Hammer), der während seines Paris Aufenthaltes von einem Freund dazu ermutigt wird, bei ihm Modell zu sitzen.

Es ist niemand anderer, als Giacometti persönlich. Lord fühlt sich geschmeichelt, ahnt nicht auf was er sich da einlässt. Es dauert nicht länger als zwei bis drei Stunden, gaukelt ihm Giacometti vor. Aus zwei, drei Stunden werden Wochen, in denen Lord ständig seinen Rückflug verschiebt. „Sie sehen brutal aus. Wenn ich sie so male, wie ich sie sehe, würden sie im Gefängnis landen“ schleudert ihm der Neurotiker ins Gesicht. „Von vorn sehen sie brutal aus, von der Seite degeneriert“.

Jeder andere wäre wahrscheinlich aufgestanden und gegangen. Nicht so James Lord. Mit unendlicher Geduld, fügt er sich den Launen des wankelmütigen Künstler-Genies. Allein das Atelier, vollgestellt mit Sperrmüllmobiliar, verwitterte Holzbalken, blinde Fensterscheiben, sein Geld stopft er in irgendwelche Schubladen, seine Frau beschimpft er mit den Worten, sie sei so schrecklich bürgerlich und banal, er gehe lieber zu den Huren. Jedes Mal, wenn Lord denkt, jetzt sei sein Portrait endlich fertig, wird es wieder übermalt. Mit lautem „Oh Fuck-Gebrüll schmeißt er den Pinsel weg und geht lieber ins nächste Bistro um Rotwein zu trinken und sich seiner Geliebten, einer Prostituierten zu widmen.

Man merkt Geoffrey Rush die unbändige Spielfreude, die ihm diese Rolle bereitet förmlich an. Mit zerzausten Haaren, ausgebeuteltem Jackett, schlechtsitzenden Hosen, ständig eine Kippe zwischen den Lippen, schlurft er zwischen Atelier und Kneipe hin und her. So amüsant das Aufeinandertreffen dieser beiden unterschiedlichen Typen auch ist, irgendwann nervt es auch. Tucci bleibt zu sehr an der Oberfläche dieses zerrissenen Genies kleben und macht sich nicht die Mühe sein Ego differenzierter auszuleuchten. Und dennoch, hätte man diesem hochbegabten Maler und Bildhauer noch ewig zuschauen können. Am liebsten würde man nach Ende des Films sofort in eine Ausstellung mit seinen Werken hetzen.

Ulrike Schirm


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Dass nachfolgender Film in England spielt, überrascht. Das Drama hätte genauso gut in Neapel bei der Camorra stattfinden können.

"DAS GESETZ DER FAMILIE" von Adam Smith.
Mit Michael Fassbender, Brendan Gleeson, Sean Harris, Killian Scott u.a.; seit 3. August 2017 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Sie leben außerhalb der Gesellschaft in einem der reichsten Landstriche Großbritanniens in einer Wagenburg und das schon seit drei Generationen, inmitten einer idyllischen Wald-und Wiesenlandschaft, drumherum ein Berg von Altmetall. Sie, das ist der berüchtigte Cutler-Clan, bestehend aus Familienpatriarch Colby (Brendan Gleeson), seinem Sohn Chad (Michael Fassbender) samt seiner Familie und einigen Outlaws, die sich dazu gesellt haben.

Colby, ein Meister im Koordinieren ihrer kriminellen Aktivitäten, die da sind Einbrüche, Diebstähle und zahlreiche Verkehrsdelikte. Der örtlichen Polizei sind sie längst ein Dorn im Auge, doch sie können der rebellischen Truppe schwerlich etwas nachweisen. Chads 8-jähriger Sohn Tyson blickt bewundernd zu seinem Großvater auf, genießt er doch so manchen Vorteil gegenüber den anderen Kindern aus der reichen Umgebung. Statt in der Schule zu hocken, darf er mit seinen Kumpeln, in einem frisierten Auto über die Wiesen brettern, ähnlich seinem Vater, der ein Ass im Fluchtwagenfahrens ist. In der Gruppe tummeln sich jedoch auch einige Typen, die für Chaos sorgen und Chad immer mehr dazu bewegen, das dass Milieu für seine Kinder lebensgefährlich werden kann. Schwierig, denn Chad, der nie Lesen und Schreiben gelernt hat, sich nie mit der Frage beschäftigt hat, wie ein Leben für ihn außerhalb des Clans funktionieren könnte, steht vor einem Dilemma.

Auch seine Frau Kelly (Lyndsey Marshal), die nur aus Liebe zu ihrem Mann die alteingesessene Tradition akzeptiert, will ein Zuhause für ihre Tochter und den Sohn, indem nicht ständig die Polizei vor der Tür steht und sie mit Fragen und Untersuchungen löchert. Hinter dem Rücken seines Vaters hat Chad ein kleines Grundstück gefunden, auf dem er mit seiner Familie in Zukunft leben möchte. Ausgerechnet jetzt plant Colby einen spektakulären Coup in einem der best bewachten und gesicherten Anwesen der Umgebung. Trotz massiver innerer Widerstände, lässt Chad sich darauf ein. Doch diesmal läuft die Sache schief. Ausgerechnet jetzt, wo Chad beschlossen hat, sein Leben zu ändern.

Regisseur Adam Smith konnte sich nicht so richtig entscheiden zwischen Drama und Komödie und diese indifferente Haltung lässt die Geschichte leider schwächeln. Mit Gleeson und Fassbender hervorragend besetzt, liegt die Stärke in der Milieuschilderung und ihren Protagonisten, die bei all ihrer kriminellen Energie fest zusammenhalten und füreinander da sind.

Ulrike Schirm


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Die Fortsetzung zu "Planet der Affen: Revolution", Prequel zu "Planet der Affen" ist intelligent gemacht. Sie zeigt mit welch maßloser Überheblichkeit Kriege angezettelt werden und wie im übertragenen Sinne ganze Völker oder Volksstämme von der herrschenden Klasse vernichtet werden.

"PLANET DER AFFEN: SURVIVAL" von Matt Reeves.
Mit Andy Serkis, Woody Harrelson, Steve Zahn u.a.
seit 3. August 2017 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Nun ist er da, der Blockbuster dieses Sommers. "PLANET DER AFFEN:SURVIVAL". Ein friedliches Zusammenleben zwischen Menschen und Affen ist endgültig gescheitert. Affenanführer Caesar (Andy Serkis) ist sichtbar gealtert. Er hat sich mit seinen Artgenossen in den Tiefen des Urwalds zurückgezogen, um der „Bestie Mensch“ aus dem Wege zu gehen. Noch hat er die Hoffnung auf eine friedliche Koexistenz nicht aufgegeben. Die Schergen unter der Führung des skrupellosen Colonels (Woody Harrelson) dringen in das geheime Camp ein und töten Caesars Frau und Sohn. Trotz seiner unendlichen Trauer, sorgt er dafür das sein Stamm versuchen soll, sich auf den Weg zu machen, um eine neue Heimat zu finden, so weit wie möglich entfernt von der menschlichen Kreatur.

Mit seinen treuesten Anhängern nimmt er die Verfolgung der Soldaten auf. Auf dem beschwerlichen Weg durch die eisige Schneelandschaft treffen sie auf ein stummes Waisenmädchen (Amiah Miller), welches sie fürsorglich unter ihre Obhut nehmen. Ein alter ehemaliger Zooschimpanse, der in einer verschneiten Seilbahnstation haust, schließt sich ihnen ebenfalls an. Als sie in der winterlichen Landschaft endlich das Lager der Soldaten unter der Herrschaft des Colonels finden, stellen sie fest, dass sie in einem Internierungslager gelandet sind, indem seine Stammesgenossen gefangen sind. Fast die zweite Hälfte der 143 Minuten – Tragödie spielt im verschneiten Lager. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern ist „Survival“ weitaus düsterer und härter. Der Versuch des Primaten Caesar sich und seine Stammeskreaturen in ein selbst bestimmtes Leben zu führen scheint restlos gescheitert. Andy Serkis, der schon in Peter Jacksons „King Kong“ dem Affen seine Mimik lieh, verleiht dem Menschenaffen Caesar eine zutiefst berührende Gestalt, der man sich nicht entziehen kann. Grandios wie er schnauft und brüllt, Wut und Trauer offenbart, dass einem die Tränen in die Augen schießen.

Dieser Film ist ein großartiges Plädoyer für alle unterdrückten Kreaturen dieser Welt.

Ulrike Schirm





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