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Kulturstaatsministerin trifft auf 'Atze' Brauner beim Produzentenfest

Monika Grütters spricht sich beim Produzentenfest gegen FFA-Leitlinien aus.



Der verregnete Sommer 2017 hat auch das jährliche Fest der Produzentenallianz ein wenig in Mitleidenschaft gezogen. Während bei der GFU Media-Night anlässlich des zweitägigen IFA Innovations Media Briefing im Berliner Haus der Kulturen der Welt (HKW) noch herrlich die Sonne schien, regnete es einen Tag später, am Mittwoch, den 12. Juli 2017, so heftig, dass die am Wasser der Spree aufgebauten Stände verwaist blieben und die vielen geladenen Gäste unter dem Dach der "Schwangeren Auster" Zuflucht suchten oder sich unter einigen wenigen aufgestellten Sonnenschirmen drängen mussten, um nicht ganz nass zu werden.

Im Innenraum des HKW-Restaurants "AUSTER" wurde es umso voller und lauter, dass man kaum sein eignes Wort verstand. Glück hatte der bald 99-jährige Produzent Artur "Atze" Brauner, der fast in der Mitte des Raumes auf einem Sofa Platz gefunden hatte. Zu ihm gesellte sich bald auch die Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Was die beiden besprachen, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Dafür war uns ein freundlicher Blick in unsere Kamera vergönnt.

Artur Brauner & Monika Grütters beim Produzentenfest im HKW - © Foto BAF


Im letzten Jahr hatte man mehr Glück mit dem Wetter gehabt. Damals stand im Mittelpunkt der Journalisten und Fotografen der als blutjunger Shooting Star gefeierte 19-jährige Darsteller Louis Hofmann aus "Die Mitte der Welt", während wir diesmal unter den jüngeren Schauspielern nur den nicht mehr ganz so jungen 27-jährigen Wilson Gonzales Ochsenknecht entdeckten.

Monika Grütters widerspricht Peter Dinges.

Viel wichtiger als die zahlreichen Promis, Stars und Schauspieler, darunter erstmals Martina Gedeck, Tita von Hardenberg, Nastassja Kinski, Jürgen Prochnow mit seiner Ehefrau Verena Wengler und Wolfgang Stumph, war aber ein Statement von Monika Grütters, der Staatsministerin für Kultur und Medien, auf dem Produzentenfest zu den FFA-Leitlinien, den Grundsätzen einer künftigen Filmförderung bei der Filmförderungsanstalt Berlin (FFA).

In einem 12 Punkte umfassenden filmpolitischen Forderungskatalog, auf den wir am 31. Mai 2017 kurz eingegangen waren, hatte die Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V. (Produzentenallianz) die Notwendigkeit eines Innovationsschubes in der deutschen TV- und Filmindustrie untermauert. Zudem äußerte man Kritik an den von FFA-Vorstand Peter Dinges beim Filmtheaterkongress des HDF in Karlsruhe genannten Eckpunkten der Filmförderungsanstalt.

In der damaligen Mitteilung der FFA war fälschlicherweise die Rede von “Förderrichtlinien”. Wie Monika Grütters auf dem Produzentenfest klarmachte handelte es sich lediglich nicht bindende Leitlinien, was einen gravierenden Unterschied für den Vergabeausschuss ausmacht. Allerdings entsprechen diese Leitlinien nicht dem Ziel einer Stärkung des kulturellen Films. Dabei kritisierte sie in besonderem Maße, dass lediglich wirtschaftliche Faktoren von der FFA berücksichtigt werden. So hätten nach den neuen Richtlinien von einem Mindestbudget von 2,5 Mio. Euro und einem Potenzial von 250.000 Zuschauern lediglich 21 von den insgesamt 244 deutschen Produktionen gefördert werden dürfen. Bei den Dokumentarfilmen erfüllte sogar nur eine einzige Produktion die neuen Anforderungen von mindestens 50.000 Kinobesuchern.

Während FFA”Präsident Prof. Dr. h. c. Bernd Neumann die Verabschiedung der neuen Leitlinien durch den Verwaltungsrat begrüßte, klingt die Erklärung, die nun von der Staatsministerin für Kultur und Medien (BKM) abgegeben wurde, deutlich kritischer und trägt den Titel “Verantwortung zur Förderung des kulturell anspruchsvollen Films gilt für alle Förderer”. Hier ein Auszug:

“Die angestrebte zukünftig sehr viel stärkere Ausrichtung der FFA an rein wirtschaftlichen Kriterien bei der Entscheidung über die Förderung eines Filmprojekts halte ich für falsch. Ein solcher Förderansatz wird dem deutschen Kinofilm als Kultur- und Wirtschaftsgut in seiner Vielfalt nicht gerecht und ist kulturpolitisch auch nicht geboten. Die massive Aufstockung der kulturellen Filmförderung in meinem Etat um zusätzliche 15 Mio. Euro jährlich soll dazu dienen, ein Mehr an kreativer Unabhängigkeit zu gewährleisten und kulturell anspruchsvolle, innovative und auch experimentelle Filme noch besser zu fördern. Ziel war und ist es nicht, einen Ausstieg der FFA aus diesem Fördersegment zu kompensieren. Denn dies wäre gerade keine zusätzliche Stärkung des kulturellen Films, sondern lediglich die Bewahrung des Status Quo”, so Monika Grütters.

Weiter heißt es: “Auch ein deutscher Film, dem weniger als potentiell 250.000 Zuschauer zugetraut werden, kann ein kultureller, aber auch ein wirtschaftlich erfolgreicher Film sein. Beides zu erfüllen, mit Mut zum kreativen Risiko, sollte weiterhin unser Ziel sein. Die sehr erfreulichen deutschen Beiträge und Erfolge in den letzten Jahren in Cannes zeigen dies deutlich. Die Förderung von Filmen wie Maren Ades “Toni Erdmann”Â oder auch Fatih Akins “Aus dem Nichts”Â oder Valeska Grisebachs “Western”Â stünden auch der FFA weiterhin gut zu Gesicht.”




Darüber hinaus startete die BKM gestern, den 17. Juli 2017, eine Chancenoffensive für Frauen in Kultur und Medien. Gemeinsam mit den Mitwirkenden des Runden Tisches "Frauen in Kultur und Medien" sowie herausragenden Persönlichkeiten aus der Kreativbranche im Bundeskanzleramt stellte Monika Grütters einen Maßnahmenkatalog für mehr Geschlechtergerechtigkeit vor.

Es sei an der Zeit für "eine breit angelegte Chancenoffensive für Frauen in Kultur und Medien" so Grütters. "Was Kultur- und Kreativfrauen brauchen, sind bessere Aufstiegschancen, mehr Mitsprache in Gremien und Jurys, faire Bezahlung und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dass dies längst überfällig ist, hat uns die alarmierende Studie des Deutschen Kulturrates über Frauen in Kultur und Medien im letzten Jahr gezeigt."

"Um die Ergebnisse des Runden Tisches in die Praxis umzusetzen, werden wir als Anlauf- und Beratungsstelle ein Projektbüro 'Frauen in Kultur und Medien' beim Deutschen Kulturrat einrichten, das unter anderem eine solide Datenbasis als Grundlage für politische Entscheidungen pflegen wird," so Grütters bei der Abschlussveranstaltung des Runden Tisches.


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Hier die neuen Richtlinien der FFA im einzelnen:

Grundsätze einer künftigen FFA-Förderung (Leitlinien):
Ziel der zukünftigen Förderung der FFA sollte es sein, die Qualität des deutschen Films aus wirtschaftlichen, aber auch kulturellen Erwägungen weiter zu steigern. Der Charakter der geförderten Filme sollte dabei eher der höher budgetierte und qualitativ anspruchsvolle Spitzenfilm sein, der die Erwartungen des Publikums erfüllt und wirtschaftlich erfolgreich sein kann. Für ein klares und berechenbares Förderprofil, das den höheren qualitativen Anforderungen gerecht wird, ist eine Überprüfung und Überarbeitung der Förderkriterien erforderlich.

1. Die FFA sollte – im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften – Kinofilme fördern, die einen hohen qualitativen Anspruch haben sowie gleichermaßen absolut und/oder relativ wirtschaftlich erfolgreich im In- und Ausland ausgewertet werden können (wirtschaftlich-kultureller Filmbegriff).

2. Der qualitative Anspruch von FFA-geförderten Projekten sollte im Rahmen einer echten Spitzenförderung aus der Masse der eingereichten Projekte herausragen und eine erfolgreiche Vermarktung im deutschen Kino nahelegen.

3. Bei Ihren Förderentscheidungen sollte die FFA auf eine kreativ-künstlerische, ästhetische und dramaturgische Abgrenzung zu anderen Medien wie Fernsehen und Streamingdiensten achten.

4. Zur Sicherung des wirtschaftlich erfolgreichen Qualitätsfilms sollte die FFA grundsätzlich nur noch fiktionale Langfilmprojekte mit einem Gesamtbudget von mindestens 2,5 Mio. Euro und einem Potential von mindestens 250.000 Besuchern fördern.

5. Zur Sicherung des wirtschaftlich erfolgreichen Qualitätsfilms sollte die FFA grundsätzlich im Dokumentarfilmbereich Projekte mit einem Gesamtbudget ab 500.000 Euro und einem Potential von mindestens 50.000 Besuchern fördern.

6. Die FFA sollte auch solche Filme fördern, die auf international bedeutsamen Festivals vertreten sind und zugleich eine wirtschaftliche Mindestrelevanz haben; sie sollen in Deutschland von den Medien und der Öffentlichkeit deutlich wahrgenommen werden, der Reputation des deutschen Films im In- und Ausland dienen und ein Potential von mindestens 150.000 Besuchern haben.

7. Die FFA sollte Kinofilme des talentierten Nachwuchses in angemessenem Umfang fördern.

8. Die FFA sollte bei Ihren Förderentscheidungen die Vielfalt des deutschen Filmschaffens in seinen diversen Genres und Filmen mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen widerspiegeln (Portfolio-Gedanke).

Links: www.produzentenallianz.de | www.ffa.de | www.kameramann.de
Quellen: Kameramann | FFA | filmecho | Blickpunkt:Film | Deutscher Kulturrat





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