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Heißes Wetter, teils gute Filme - aber weniger Zuschauer

Einbruch bei den Kinocharts im Mai 2017 und drei Filmkritiken zum Sommerloch (UPDATE).



Vom fünften Teil der Reihe "Fluch der Karibik" mit Johnny Depp als Captain Jack Sparrow in "Pirates of the Caribbean - Salazars Rache" hatte man sich eigentlich bei Disney mehr erhofft. Nun wird in der Kinobranche bereits schon wieder verallgemeinert und davon gesprochen, dass die Luft aus den Sequels raus sei. Zwar liegt der erst letzte Woche gestartete Film wie erhofft an erster Stelle der Kinocharts, doch u.a. wegen des heißen Wetters sind die Kinos lange nicht so gut besucht wie erwartet.

Ob der Disney-Film nach vier Vorgängern, die insgesamt 3,7 Milliarden Dollar einspielten, wirklich gelungen ist, das hat nachfolgend unsere Filmkritikerin Ulrike Schirm zu ergründen versucht.

"Pirates of the Caribbean - Salazars Rache"
von Espen Sandberg & Joachim Rí¸nning
: Seit 25. Mai 2017 im Kino.
Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Captain Jack Sparrow (Johnny Depp) wurde von einem Kraken verschlungen und kehrt aus dem Reich der Toten zurück. Auch wieder dabei Hector Barbossa (Geoffrey Rush), der sich immer stärker zu einem Opportunisten entwickelt und Captain Armando Salazar (Javier Bardem) von Rachlust zerfressen, ist mit seinen untoten Geisterpiraten unterwegs, um Sparrow, der sein Schiff versenkte, endgültig verschwinden zu lassen. Um sich in Sicherheit zu bringen, muss er in den Besitz des Dreizacks des Poseidon gelangen, der ihm die totale Kontrolle über die Weltmeere ermöglicht und für seinen Schutz vor bösen Gestalten sorgt. Hilfe bekommt er von der hübschen Astronomin Carina Smyth (Kaya Scodelario). Henry Turner, der Sohn von Will Turner, ist auf der Suche nach seinem verschwundenen Vater, auf dem ein schicksalsschwangerer Fluch lagert.

Großartige Einfälle bietet der 5. Teil wahrlich nicht. Wie immer sind alle Beteiligten auf der Suche nach etwas, was ihnen Glück verheißt. Diesmal ist es der magische Dreizack. Zweimal tauchte Keith Richards auf, diesmal ist es Paul McCartney. Ein Wow-Effect, die Rückblende, in der Sparrow als 20-jähriger Jungpirat das Schiff von Salazar versenkt. Für mich die interessantesten Szenen, in denen sich Sparrow und Salazar im Dialog gegenüberstehen. Aber, das ist alles Geschmackssache. Sparrow verkommt letztendlich immer mehr zu einem nuschelnden Zitatenklopper und die imposant eingebauten Explosionen und okkulten Spielerein, machen den Brei auch nicht mehr fett. Eigentlich könnte das 153-minütige Spektakel das letzte dieser Serie sein. Man könnte auch sagen, ein Kult, ist langsam zum Kentern verurteilt. 

( Zu sehen auch im Cinestar IMAX Berlin mit brillanter Laser-Projektion und 12 Kanal Immersive Sound)

Ulrike Schirm


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Auch in den deutschen Arthouse-Kinos hat das bisher heißeste Wochenende des Jahres seine Spuren hinterlassen. Die beiden Topfilme, das von uns am 19. Mai 2017 so hoch gelobte Werk "Jahrhundertfrauen" und die beeindruckende Doku "Beuys" machten zwar das Kopf-an-Kopf-Rennen mit veränderten Vorzeichen unter sich aus. Mit Terrence Malicks Neustart "Song to Song" und dem von uns noch nicht besprochenen, aber dennoch erwähnenswerten "Churchill" kam aber trotz verhaltener Besucherzahlen etwas Bewegung in die Top Ten der von ComScore und der AG Kino-Gilde erstellten Hitliste. Sogar der von uns schon vor längerer Zeit, nämlich am 13. März 2017 gehypte Film "Moonlight" ist wieder darin zu finden.

Ob Terrence Malicks neues Werk die Klasse und Zuschauerzahl von seinem 2011 auf den 64. Filmfestspielen von Cannes gezeigtem und später sogar mit einem Golden Globe ausgezeichnetem "Tree of Life" mit Brat Pit erreicht, darf bezweifelt werden. Zu ähnlich ist die Machart und zu unschlüssig sein Konzept. Eigentlich sollte der neue Film, der übrigens auf der 67. Berlinale 2017 lief, sogar acht Stunden lang werden. Schließlich wurde im Schnitt stark gekürzt indem komplette Handlungsstränge und bereits gedrehte Szenen mit herausragenden Darstellern wie Benicio del Toro wieder entfernt wurden. Der besseren Verständlichkeit diente dies jedoch nicht.

"SONG TO SONG" von Terrence Malick:
Seit 25. Mai 2017 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Terrence Malick lässt sich nicht beirren und geht seinen ganz eigenen filmischen Weg. Er benutzt eine unverwechselbare Bildsprache, die oft ins Kitschige gleitet und dennoch von einer Faszination zeugt, der man sich kaum entziehen kann. Berückende Naturaufnahmen im Wechsel mit Hochhäusern und eleganten Innenräumen, in denen sich bildschöne Menschen aufhalten. Es geht wieder um seine Lieblingsthemen, Liebe, den Sinn des Lebens und die Suche danach.

„Song to Song“ spielt in der Musikszene. Ryan Gosling, Michael Fassbender, Rooney Mara, Natalie Portman und Cate Blanchet befinden sich in einem Beziehungsreigen, ohne sich entscheiden zu können, was sie eigentlich wirklich wollen.

Rooney Mara spielt Fay, eine Musikerin, die sich in den Songwriter Ryan Gosling verliebt aber gleichzeitig mit dem Musikproduzenten Michael Fassbender eine Affaire hat und das nicht nur, weil sie sich einen Plattenvertrag erhofft. Luxuriöse Villen und herrliche Sonnenuntergänge bilden die Kulisse der ménage á trois, die entfernt an Truffauts „Jules et Jim“ erinnert. Es geht wie immer bei Malick um die existenziellen Fragen des Lebens, Einsamkeit, Liebe, Verrat und Leidenschaft. Innere Monologe der Figuren werden endlos aus dem Off palavert. Ein wirklicher Plot ist nicht erkennbar.

Dankbar erfreut man sich an den eingestreuten Festivalszenen mit den Musikern der Red Hot Chili Peppers, Iggy Pop und der großartigen Patti Smith mit dem Song: 'WE WANNA GO BACK TO OUR SIMPLY LIFE'. Der kurze Auftritt von Val Kilmer, der einen Rockstar mit Kettensäge mimt, sorgt wenigstens für einen Lacher in der sonst toternsten Sinnsuche dieser schönen Menschen. Es ist schon erstaunlich, dass sich die großen Hollywoodstars offensichtlich darum reißen bei Malick vor der Kamera zu stehen. Schauspielerisch gibt es wenig für sie zu tun. Sie sind einfach nur da. Entweder man lässt sich drauf ein oder man empfindet eine gewisse Ödnis. Das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Ulrike Schirm


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Auch der dritte Film, dessen Besprechung uns erst am heutigen Abend nachgeliefert wurde, gehört nicht zu den herausragenden Knüllern der Saison, auch wenn der Name der leichten Sommerkost sicherlich manch einen Kinogänger dazu bewegt, den Film sich dennoch anzusehen. In den USA rangiert er bereits ganz oben in den Charts. An seinen Vorgänger David Hasselhoff kommt Dwayne Johnson vom neuen "Baywatch" Team aber nicht im Mindesten ran. Und weil der Filmbranche nichts anderes mehr einfällt, ist ein Sequel für 2019 auch schon angekündigt.

"Baywatch" von Seth Gordon: Seit 1. Juni 2017 im Kino.
Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Laut dem Guinnessbuch war „Baywatch“ die erfolgreichste TV-Serie aller Zeiten. Vom Publikum geliebt, stürzten sich Pamela Anderson und David Hasselhoff braungebrannt und durchtrainiert in der berühmten Slow-Motion-Version ins kühle Nass. 243 Folgen waren damals (1989-2001) am Start. Statt Hasselhoff nun Dwayne Johnson, genannt „The Rock“ spielt Mitch Buchannon, das Herz und die Seele der sportlichen Rettungscrew. Herausgekommen ist eine Action-Komödie mit den dazugehörenden Liebeleien, Flirtfaktoren, einer kriminellen Verschwörung, angesiedelt im Drogenschmuggelmilieu, ausgerechnet im Herrschaftsgebiet der Rettungsschwimmer.

Es werden so einige Leichen ans Ufer geschwemmt. Der Strand ist bedroht. Mitch und seine Helfer sind gezwungen in eigener Mission zu retten, was zu retten ist. Mit dabei Teenager-Schwarm Zac Efron, Neuzugang in der Rettungscrew. Er spielt Matt Brody, einen selbstverliebten bösen Jungen, ehemaliger Olympia-Sieger, der scharf auf seine dunkelhaarige Kollegin Summer Quinn (Alexandra Daddario) ist. Statt Pamela Anderson besetzte Regisseur Seth Gordon (Kill the Boss) das blonde Model Kelly Rohrbach. Es wird mehr geflucht, es gibt etwas mehr Nacktheit, etwas Satire und Humor. Wobei das Malheur eines eingeklemmten Penis in einem Liegestuhl, nun nicht gerade das Nonplusultra des Humors darstellt.

Letztendlich gestaltet sich der Drogenkrimiplot ziemlich spannungsarm. Der Auftritt von Pamela Anderson ist mehr als kurz und der von Trash-Ikone David Hasselhoff als "The Mentor" ist auch kaum länger. Es müsste schon ein Wunder geschehen, wenn „Baywatch“ zum diesjährigen Sommer-Blockbuster aufsteigen sollte.

Ulrike Schirm



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