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Filme zu freier Meinungsäußerung und intakter Natur

Neue Filme im Kino, die Sie unbedingt sehen sollten.



FREE SPEECH FEAR FREE
Im Rahmen des Logan CIJ Symposium, das vom 11.-12. März 2016 im Berliner CongressCenter (bcc) am Alex stattfindet, fand gestern im Kino International die öffentliche deutsche Teamvorführung des Dokumentarfilms „Free Speech Fear Free“ statt. Hier der Trailer:


Free Speech - Fear Free Teaser 2016 from Whistleblower Interview Project on Vimeo.

Die Doku des gerade 20-jährigen britischen Filmemachers Tarquin Ramsay feiert ihre Weltpremiere offiziell erst im Juni 2016 auf dem Sheffield Doc/Fest Film Festival. Der Film wird deshalb leider nicht so schnell wieder in Berlin zu sehen sein. Dabei ist angesichts der aktuellen politischen Lage und der dieser Tage total eingeschränkten freien Meinungsäußerung in der Türkei und anderswo, speziell dieser Film zum Verständnis der Zusammenhänge wichtiger als je zuvor. Bereits mit 15 Jahren hat sich Ramsay nicht nur als Schauspieler und Tänzer hervorgetan, sondern vor allem mit brisanten politischen Fragen an Passanten, die er in London auf der Straße einholte. Für seinen Film interviewte er den bekannten australischen Whistleblower Julian Assange, den er offensichtlich in seinem Londoner Exil in der Botschaft Ecuadors besuchen durfte.

Der §7 des britischen Antiterrorgesetzes gibt der britischen Regierung die Ermächtigung, ggf. jeden Redakteur zu bespitzeln und zur Gefahrenabwehr auch zu Aussagen zu zwingen, die gegen den Ehrenkodex des Journalismus verstoßen. Viele Protagonisten aus dem Film wie Sarah Harrison, Jacob Appelbaum, Jeremie Zimmermann oder Diani Barreto kommen in dem Film zu Wort oder verließen sogar England und zogen nach Berlin, da hier noch keine Verfolgung droht. Für Tarquin Ramsay wurde klar, ebenfalls nach Berlin zu fahren, um weitere freie Meinungsäußerungen für seinen Film einholen zu können.

Auch die zwei Berliner Veranstaltungstage in diesem März stehen unter dem Motto: "Challenge Power! Über Bündnisse gegen Geheimhaltung, Überwachung und Zensur" bei dem internationalen Treffen im bcc. Dass das Logan Symposium von London nach Berlin gewandert ist, begründet Gavin MacFadyen, der Direktor des Centre for Investigative Journalism so: "In Berlin gibt es eine nahezu einzigartige Mischung aus Menschen, die sich bei Computer-Sicherheit, beim Hacken und bei Kreativem aller Art auskennen."

Link: www.freespeechfearfree.com

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NO LAND’s SONG
Der oben genannte Film passt inhaltlich wunderbar zu dem deutsch-iranischen Dokumentarfilm „No Land’s Song“, der vorgestern in der Berliner Volksbühne Premiere hatte und ab sofort in mehreren kleinen Berliner Kinos sowie in anderen Städten zu sehen ist. Mehr als fünf Jahre haben die Filmemacher an dem bewegenden Werk gearbeitet, das immer wieder von herben politischen Rückschlägen betroffen war.

Früher war der Iran unter dem Schah von Persien - im Gegensatz zu heute - ein ziemlich freies Land, zumindest was die freie Meinungsäußerung von Frauen anbetraf. Mit der Revolution der Ayatollahs wurde sogar der Gesang von Frauen verboten. Pünktlich zum Internationalen Weltfrauentag am 08.03.2016 nun ein filmisches Aufbegehren auf der Leinwand durch die Komponistin und Pianistin Sara Najafi. Als führende Initiatorin eines freien Konzertes für Sängerinnen kämpft die Hochschullehrerin seit Jahren verzweifelt in Teheran gegen die Obrigkeit an. Zusammen mit französischen und tunesischen Musikern und Sängerinnen wurde seit Jahren im Ausland für ein Konzert geprobt, das traditionelle persische Musik mit Gesang von Frauen nach Teheran zurückbringen soll. Dazu gibt es im Film historische Zeugnisse mit Filmausschnitten von Parvi Namazi, eine der großen Stimmen der 50er Jahre.

Sie selbst war in der Volksbühne anwesend und gab dem zujubelnden Publikum eine Live-Kostprobe ihrer Gesangskunst. Während in Deutschland versucht wird, mehr Frauen in Führungspositionen unterzubringen, lehnen die Islamischen Geistlichen eine Gleichberechtigung der Frau total ab. Freie Meinungsäußerung ist tabu. Der Film umschifft diese Klippe elegant, indem die Gegensätze zwischen Obrigkeit und dem Anliegen der Frauenrechtlerinnen mit Musikproben gefüllt wird, denn Musik ist eine universelle Sprache der Verständigung. Wir wollen hier nicht das Ende des Films verraten - nur das es tosenden Applaus und laute Bravorufe gab. Hier der Trailer:



Die in Berlin lebende Iranische Schauspielerin und Musikerin Jasmin Tabatabai zeigte sich bei der Berlin Premiere von Ayat Najafis Dokumentation NO LAND’S SONG tief bewegt: „Ich bin noch etwas durchgeschüttelt von deinem wunder-, wunderschönen Film. Vielen Dank“. Und erzählte dem Publikum ihre eigene Geschichte: „Meine Eltern haben eine ganz persönliche Entscheidung gefällt: ‚Wir verlassen den Iran, es wird Chomeini kommen, es wird eine Islamische Republik geben und wir möchten, dass unsere Kinder, unsere Töchter, in Freiheit aufwachsen‘. Und wenn ich deinen Film sehe, dann muss ich natürlich daran denken, wie mein Leben verlaufen wäre. Alles was mich ausmacht, alles was ich tue wäre so nicht möglich, wenn meine Eltern diese Entscheidung nicht getan hätten. Und ich danke dir dafür.“ Für Tabatabai ist der Film ein Plädoyer für die Selbstbestimmung und Freiheit der Frauen im Iran heute. „Es gab eine Zeit im Iran“, so Tabatabai, „wo den Frauen die Stimme im wahrsten Sinne des Wortes nicht geraubt wurde“, da müsse man wieder hinkommen. Sie selbst kam vor 35 Jahren nach Deutschland.

Die Doku hat bisher folgende Preise gewonnen: Publikumspreis für den besten Dokumentarfilm - Montreal World Film Festival | Beste Regie / Dokumentarfilm – NOOR Iranisches Film Festival, Los Angeles, USA | Preis der Jugendjury - DOK Leipzig, Deutschland | DOCUFICX Preis (Bester Dokumentarfilm) – 52. Festival Intl. de Cine de Gijón, Spanien.

Link: www.nolandssong.com
Ab 10.03.2016 in Berlin im fsk, Brotfabrik, Filmrauschpalast und Babylon: Im Verleih von BASIS-Film.

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UNSERE WILDNIS
Wenn Staaten und Firmen die Machterhaltung und das Wirtschaftswachstum wichtiger sind als Menschenrechte, dann leidet darunter auch unsere Erde und vor allem unsere schützenswerte Natur. Die französischen Filmemacher Jacques Perrin und Jacques Cluzaud haben mit ihrem neuen Werk "Unsere Wildnis" wieder ein Meisterwerk geschaffen, das nach den beiden Vorgängern "Nomaden der Lüfte" und "Unsere Ozeane" noch einmal den Zwiespalt zwischen der Liebe zur Natur und den Wirtschaftsinteressen offen zu Tage legt. Hier der Trailer:



Dort wo die Natur noch unberührt ist, konnten wieder grandiose Szenen von Tieren, Pflanzen und Landschaften eingefangen werden. Zwar gibt es im Fernsehen jede Woche zahlreiche Natur-Dokus wie beispielsweise immer Dienstags um 20:15 Uhr im WDR die HD-Sendung "Abenteuer Erde", von der man sich durchaus faszinieren lassen kann, doch die beiden Franzosen setzen noch eins drauf und wollen Bilder zeigen, die noch nie zuvor gefilmt wurden. Auf der großen Kinoleinwand ist dies besonders beeindruckend. Wir möchten diesmal auch andere Meinungen zu dem Film sprechen lassen und zitieren deshalb gerne die Filmkritikerin Ulrike Schirm, die den Film bereits sehen konnte:

Leider, leider ist es der Mensch, der mit seiner grenzenlosen Profitgier Flora und Fauna derartig zerstört, dass immer mehr Getier, ob gross ob klein, vom Aussterben bedroht ist und bereits schon ausgestorben ist, Jacques Perrin und Jacques Cluzot machen sich in ihrem neuen Werk auf die Suche nach eindrucksvollen Bildern, um über die 20.000 Jahre Geschichte der Wildnis in Europa zu erzählen. Vom Ende der letzten Eiszeit bis heute verfolgen sie in ihrem großartigen Naturfilm die wechselnden Veränderungen der Lebensräume von Pflanzen und Tieren. Es gab eine Zeit da wanderten Rentiere und Mammuts über Europas Tundra. Mit dem Ansteigen der Temperaturen und dem Aufkommen wärmerer Winde schmolz das Eis, Weite Steppen wurden von Wäldern überwachsen und jede Menge Tierarten fanden einen neuen Lebensraum. Es wird wärmer, nur ein paar Grad und alles verändert sich.

Die Wälder waren bewohnt von Bären, die auf Bäumen hockten, Wildpferde preschten durchs Gehölz, es gab zahlreiche Füchse und Luchse, bunte Schmetterlinge flogen umher und immer wieder der Blick über dicht belaubte Baumkronen. Irgendwann begann der Mensch sich immer breiter zu machen, fing an, die Tiere zu domestizieren.“ Das goldene Zeitalter des Waldes neigte sich seinem Ende zu“. Das Grosswild verschwand langsam. Das Territorium der Tiere wurde durch gepflasterte Wege zerschnitten. Pferde wurden in Rüstungen gepfercht. Für die Tiere wird es immer schwieriger Schutz zu suchen, sich zu verstecken. Der Wald verkommt zum Jagdrevier. Immer mehr Bäume werden gefällt , um Holz für den Bau kriegerischer Flotten zu gewinnen. Um überhaupt noch irgendwie sicher zu sein, machen sich viele Tiere auf den Weg , um in den Bergen geschützten Unterschlupf zu finden. Doch die Natur gibt nicht auf. Es kommt eine Zeit, da bietet die Ebene wieder neuen Lebensraum . Es wachsen Blumen, Getreide, Wiesen. Eine neue Heimat für Vögel und alles mögliche Kleingetier. Es folgt eine neue Zerstörungswelle. Der Krieg mit seinem Einsatz von giftigen Kampfgasen.

Doch ganz hat die Natur noch nicht rekapituliert. Es liegt an uns, ob es erneut ein „Bündnis zwischen Mensch und Tier gibt“. Dieser Bilderstarke Film wird von Sebastian Koch stimmlich sehr dezent begleitet. Er belehrt nicht, er erzählt. Auch der Einsatz von Musik wird fein dosiert eingesetzt. Es sind die umwerfenden Bilder, die für sich sprechen und ihre eigene Kraft entfalten. Wenn wir nicht beginnen Biotope zu schaffen, werden Arten von Kleinvieh, Vögel, Insekten und Bienen endgültig verschwinden. Dieser Film „weckt die Hoffnung auf ein friedliches Miteinander aller Geschöpfe auf diesem Planeten“.

Ulrike Schirm

Link: www.unsere-wildnis.de
Ab 10.03.2016 überall im Kino

Quellen: Spiegel | Hildebrandt Film | Basis Film | Zoom Medienfabrik | Ulrike Schirm

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