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Rückschlag für Handy-TV: DVB-H-Projekt vor dem Aus!


Die Landesmedienanstalten verkünden das DVB-H-Projekt als beendet. Betreiber Mobile 3.0 soll Lizenz zurückgeben. Auch das Ende des UKW Rundfunks naht.


Nach anfängliche Euphorie betrachtet die Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) das aktuelle Versuchsprojekt DVB-H inzwischen als beendet und fordert das Konsortium Mobile 3.0, das im Januar 2008 den Zuschlag für die Nutzung einer Sendelizenz für den Übertragungsstandard DVB-H bekommen hatte, zur Rückgabe der Lizenz auf. Trotz Rückendeckung der EU habe es die Münchner Betreibergesellschaft nicht geschafft, ihre bei der Lizenzvergabe gemachten Ankündigungen einzuhalten und das vorgelegte Gesamtkonzept umzusetzen, begründet ZAK-Vorsitzender Thomas Langheinrich die Entscheidung. Bis Ende Oktober habe das Konsortium noch Zeit, die Lizenz zurückzugeben. Sollte dies nicht rechtzeitig passieren, müsse ein Widerrufsverfahren eingeleitet werden, so die Kommission.

"Wir erwarten, dass das Konsortium Mobile 3.0 bis Ende Oktober die Lizenz zurückgibt. Mit einer schnellen Rückgabe wird der Weg frei für einen möglichen Neustart von DVB-H unter veränderten Rahmenbedingungen", erklärt Langheinrich. Auf diese Weise könne auch auf die veränderten technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen angemessen reagiert werden, damit dieses Pilotversuch weiterentwickelt werden kann.

Bei der Ausschreibung der Landesmedienanstalten hatten sich seiner Zeit insgesamt 29 Unternehmen um Lizenzen beworben. Wir berichteten am 14. Juni ausführlich im BAF-Blog. Neben dem südafrikanischen Medienkonzern Naspers haben die Verlage Burda und Holtzbrinck den Zuschlag zur Vermarktung erhalten. Bis zu 15 Fernsehprogramme und vier Hörfunkkanäle wären möglich gewesen, doch die Netzbetreiber wollten nicht mitziehen und warben für das kostenlose überall Fernsehen (DVB-T), das mittlerweile auch per Handy empfangbar ist. Damit wurde quasi DVB-H die finanzielle Grundlage entzogen, da neue Geräte zum großen Teil immer noch von den Providern gesponsert und vertrieben werden. Noch gibt es keine Multifunktionsgeräte, die alles empfangen könnten.

Mit dem Ende von DVB-H ist dies bereits der zweite Versuch einen speziellen Standard in Deutschland durchzusetzen. Schon einmal war ein Betreiber gescheitert. Anfang April hatte der Betreiber der dritten alternativen Handy-TV-Technik DMB aufgegeben und die Lizenz zurückgegeben. Jetzt soll DMB, ein Ableger vom digitalen Rundfunk DAB womöglich den Rundfunk mit Multimedia Inhalten auf die Sprünge helfen. Bereits im Jahre 2015 soll es auch in Deutschland keinen UKW Rundfunk mehr geben. Die Digitalisierungswelle soll bis dahin abgeschlossen sein. Der Umstieg vom analogen TV auf DVB-T, dem digitalen überall Fernsehen, ist nach Meinung der Medienanstalten so überzeugend gelungen, dass der Umstieg auch beim Rundfunk zu schaffen sein müsste. Allerdings gibt es für Radiogeräte kaum eine Möglichkeit irgendwelche Zusatzempfänger anzuschließen. Beim Fernseher war dies durch die meist vorhandene Scartbuchse relativ einfach möglich. Die Empfänger konnten mit Hilfe von Zusatzgeräten auf den neuesten Stand gebracht werden. Doch beim Rundfunkempfänger ist diese Option nicht einmal bei teuren Hi-Fi Anlagen immer gegeben. Die UKW Tuner, speziell die teuren Receiver, werden über kurz oder lang museumsreif. Nur wer einen extra Verstärker besitzt könnte nachrüsten. Eine Anlage aus einem Guss, mit einheitlichem Design, wäre dann aber wohl nicht mehr vorhanden. In England hat man den Umstieg dennoch gewagt und die Industrie ist begeistert eine große Menge, der meist deutlich teureren digitalen Empfangsgeräte, bereits verkauft zu haben. Doch unter dem Strich können bisher maximal 17% aller Engländer digitalen Rundfunk empfangen. Beim analogen UKW dürften es annähernd 100% der Bevölkerung gewesen sein, die mindestens ein Radiogerät besaßen.

Vorteil des digitalen Empfanges ist Zusatznutzen, mit Bildern und Texten. Ja sogar bewegte Multimediainhalte sowie kleine Filme wie im Internet wären möglich. Radio soll wieder Freude machen. Mehr Sender, mehr Inhalte, mehr Auswahl. Digitales Aufzeichnen sowie Vor- und Rückspulen wie bei einem Videorecorder sollen auch junge Leute der iPod Generation wieder begeistern. Allein die zukünftige Technik steht noch in den Sternen. DAB oder DMB oder Kombigeräte für beides? Auf der letzten Ifa zeigte kein Hersteller neue DAB Empfänger, sondern die meisten erklärten Digitalradio vielmehr für tot. Allein das mit minderer Qualität behaftete Internetradio wurde zurzeit von manchem Hersteller als zukunftsfähiger Hype angesehen. Deshalb bemühen sich die Landesmedienanstalten schnell aus DAB ein DAB+ (plus) zu machen. Ein upgrade mit neuer firmware soll aber nur bei wenigen DAB Empfängern möglich sein. Dafür entsteht ein neuer Standard mit noch mehr Sendern und mehr Möglichkeiten. Nur die Geräteindustrie übt weiterhin Skepsis und wartet erst einmal ab, ob sich die Rahmenbedingungen in Deutschland vielleicht genauso schnell ändern, wie beim tot gesagten Handy-TV, denn dann bräuchte man kein Geld in die Entwicklung neuer Geräte stecken.

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